Feuer frei: Die neue Yamaha V8 XTO Offshore Motoren heizen auch großen, schweren Booten ordentlich ein.
„Vergessen Sie mal das Thema Motorleistung – hier geht’s eher um Drehmoment“, legt Kurt Takayanagi, General Manager Marine Division von Yamaha Motor Europe gleich zum Beginn der Pressekonferenz anlässlich der Präsentation des neuen Flaggschiffs des japanischen Herstellers den Schwerpunkt fest. Hier ging es nicht um das PS-Wettrüsten im ewigen Herstellerwettstreit, sondern um die Entwicklung eines kompletten, anspruchsvollen Antriebspaketes.
So oder so: Die nackten Leistungsdaten von 425 PS aus 5,6 Litern Hubraum und acht Zylindern setzen schon mal die neue Benchmark zumindest im Bereich der großen Serienhersteller. Entsprechend selbstbewusst ist der Auftritt der „Grauen“, die es alternativ auch in einer perlweißen Lackierung gibt. „Außenborder liegen im Trend, aber die Boote werden immer größer und schwerer. Daher steigen die Ansprüche an die Motorisierung“, weiß Thomas Schütz, Yamaha-Marine Verkaufsleiter Deutschland. Waren es früher Power-RIBs, Offshore-Rennboote oder große Centerkonsolen-Boote in den USA, haben heute auch europäische Serien- Hersteller wie Jeanneau oder Sealine zahlreiche Modelle im Programm, die auf die kräftigen Heckantriebe setzen. Die Vorteile sind mehr Platz im Innenraum, einfache Installation und leichter Zugang für den Service, die Möglichkeit des Anfahrens flacher Buchten nach dem Hochtrimmen. Zudem zeigt der Motorboot-Fan gerne „was er hat“.
So prangen auch auf der per Schnellverschluss leicht zu lösenden dreiteiligen Haube des neuen Yamaha XTO gut sichtbar die Angaben 425/ V8/ 5.6L. Um dies mit dem nötigen Selbstbewusstsein auf den Motor pinseln zu dürfen, haben die Yamaha-Ingenieure tief in die Konstruktions-Kiste gegriffen. Da man nicht nur dem Ruf der Marke, der von unbedingter Zuverlässigkeit und Robustheit kündet, und den Anforderungen der Sportschifffahrt, sondern auch denen des Militärs und der kommerziellen Schifffahrt mit Gelassenheit entsprechen will, wurden die eigenen Qualitätskriterien bei der Motorenentwicklung zuerst einmal pauschal verdoppelt. Das bedeutet, dass in der Entwicklungsphase des XTO das Doppelte an Belastungen der Erprobungszyklen, Materialtests und Überprüfungen absolviert werden musste, als beispielsweise seinerzeit beim nun „kleinen“ V8-Bruder F350. Dass dies nicht ohne komplette Neuentwicklungen und Konfigurationen zum guten Ende führen würde, ist klar. Zu den Branchenneuheiten gehören dabei die neu entwickelte Hochdruck-Direkteinspritzung und das integrierte elektrische Lenksystem.
Das neue Direkteinspritzsystem des Motors verfügt über nicht weniger als fünf Kraftstoffpumpen und erzeugt einen Einspritzdruck von bis zu 200 Bar bei einem Verdichtungsverhältnis von 12,2:1. Eine bessere Zerstäubung des Kraftstoffes, eine bessere Verbrennung und eine höhere Kraftstoffeffizienz sind das Ergebnis. Die sog. In-Bank™ Exhaust Funktion ermöglicht es, die Abgase über einen direkten, widerstandsarmen Weg zur unteren Einheit und über die Mitte der Propellernabe nach außen zu führen. Damit wird der Wirkungsgrad der Verbrennung erhöht und so natürlich die Leistung – oder anders ausgedrückt: Mehr „Bumms“ mit jeder Zündung!
Für die Laufbuchsen wurde eine Plasma-Fusionstechnologie angewandt. Die mikrostrukturierte Oberfläche ist 60 Prozent härter als Stahl, ist aber gleichzeitig deutlich leichter, so dass ein größerer Motorraum geschaffen werden konnte, ohne die Abmessungen des Antriebskopfes zu vergrößern. Zwei über Kopf angetriebene Nockenwellen auf jeder Zylinderbank sind über eine im Ölbad laufende selbstspannende Kette verbunden, um eine exakte Ventilsteuerung zu gewährleisten, während langlebige, Karbon beschichtete Ventilstößel ein konstantes Timing liefern.
Systemintegration mit der Steuerung
Eine echte Neuheit ist die voll integrierte elektrische Lenkung, die in einem kompakten Gehäuse direkt verbunden ist. Sie kommt ohne ein Hydrauliksystem aus und soll schneller und reibungsloser als herkömmliche Systeme reagieren. In der Tat konnte beim Praxistest auf einer Capelli Tempest 44 mit Tripple-Motorisierung bei der Simulation eines Dockingmanövers via Joystick quasi eine Eins-zu-Eins Umsetzung der Joystickbewegungen ohne eine spürbare Verzögerung festgestellt werden. Darüber hinaus verfügt dieses System über einen mit jeweils 31 Grad sehr großen Lenkeinschlag und ist die schnelle, saubere und unkomplizierte Installation des Motors mit einem übersichtlichen Bilgenbereich ohne Hydraulikleitungen und Pumpen garantiert. Sozusagen: anbolzen – Kabel dran – fertig! Die komplette Steuerungslösung besteht dann aus der Kombination mit Yamahas Helmmaster, dem vollintegriertem Bootssteuerungssystem mit Joystick und dem CL7 Farbdisplay und lässt keine Wünsche offen. Auch die Leistung der elektrischen Ladung für das Bord-Netz wurde verbessert: Die Lichtmaschine des V8 XTO Offshore liefert bis zu 90 Ampere Brutto-Gesamtleistung.
Neue Getriebe, große Propeller, einfacher Service
Das hohe Drehmoment erfordert naturgemäß extrem robuste Getriebegehäuse und extra gehärtete Getriebe, um die Kräfte übertragen und sehr große Propeller fahren zu können. Den Gehäusen wurde zudem bei der Neuentwicklung auch unter hydrodynamischen Gesichtspunkten ein neuer widerstandsarmer Schliff gegeben. Dank des neuen, von oben zugänglichen Getriebeöl-Austauschsystems, ist es möglich, das Getriebeöl komplett zu wechseln, ohne dass das Boot aus dem Wasser genommen wird. Und auch das Durchspülen des Kühlsystems kann direkt von Bord aus über einen Frischwasseranschluss geschehen. Die speziellen neuen XTO OS Propeller wurden entwickelt, um das enorme Drehmomentpotenzial ins Wasser zu bringen. Das neueste Flügeldesign dieser neuen Props mit Durchmessern von 16 bis 17 Zoll und vergleichsweise großer Oberfl äche bewegt auch große, schwere Boote. Dank des neuen Abgasreinigungssystems drücken die Propeller sauberes Wasser auch in umgekehrter Richtung, was dazu beiträgt, den Umkehrschub im Vergleich zum Yamaha F350 bis zu dreimal so stark zu erhöhen. Das ermöglicht leichteres Manövrieren und bessere Kontrolle.
Fahr-Test
Beim Fahrtest bei der Yamaha-Pressepräsentation auf dem Cannes Yachting Festival im September 2018 an der französischen Côte d‘Azur hatten wir Gelegenheit den neuen XTO-Offshore Boliden als Tripple-Motorisierung an einem Capelli Tempest 44 RIB und im Doppelpack an einem Capelli Tempest 40 RIB zu testen. Nach Aussagen der Yamaha Ingenieure, erlaubte der Motor in internen Tests auch als Einzelmotorisierung an entsprechenden Booten eine gute Kontrolle. Wer nun aber glaubt, dass die schnelle Vorwärtsbewegung des Fahrhebels dazu führt, dass der Crew quasi das Boot unter den Füßen weggerissen wird, der irrt. Vielmehr ist es der bullige und über das gesamte Drehzahlband sehr lineare Schub, der die großen Power-RIBs nahtlos brachial in Geschwindigkeitsbereiche jenseits der 50 Knoten-Marke schoben und der beeindruckte. Nicht rohe Gewalt, sondern perfekt einsetzbarer und sehr praktikabel nutzbarer hoher Druck, der sich auch unter schwierigen Offshore-Bedingungen und in hoher See weich und gut kontrollieren lassen sollte, ist es, was diese neue Motorenkonfiguration ausmacht. Das Knacken der 30 Knoten-Marke nach ca. 11 Sekunden und eine Höchstgeschwindigkeit von gut 54 Knoten auf der Capelli Tempest 44 bei einem Testgewicht von ca. 9,5 Tonnen sprechen für sich.
Gefühlt direkter und noch druckvoller präsentierte sich die kleinere und leichtere Capelli Tempest 40 mit der Doppelmotorisierung. 425 PS aber auch über 3,5 Tonnen Testgewicht weniger drücken sich in deutlich satteren Beschleunigungswerten aus. Schon nach 7,6 Sekunden ballert die Tempest 40 befeuert von insgesamt 850 PS durch die 30 Knoten Marke und erreicht nur wenig später quasi im glatten Durchmarsch durchs Drehzahlband und etwas Trimm an den Motoren bei über 50 Knoten ihre Höchstgeschwindigkeit.
Schnelle, harte Kurvenfahrten absolvieren beide Boote ohne spürbaren Druckverlust. Die 40er war hier naturgemäß noch kerniger, im Ansprechverhalten direkter und sportlicher im Herausbeschleunigen als die souveräne 44. Akustisch treten auch die neuen, großen Yamahas markentypisch zurückhaltend auf. In schneller Marschfahrt bei guten 30 Knoten präsentieren sie sich mit einem satten, aber sehr gedämpft weichen Motorensound. Erst im Vollastbereich beginnt der XTO vernehmlicher zur Attacke zu blasen.
In Sachen Sprit-Verbauch lohnt es sich, die Messwerte auf den einzelnen Motor pro Meile herunterzurechnen: Mit 1,3 bis 1,4 L/Nm bzw. 0,7 – 0,8 L/km im ökonomischen Drehzahlbereich von 3000-3500 U/min pro Motor muss sich der neue Yamaha V8 angesichts von 425 PS nicht verstecken. Mit einem Trockengewicht je nach Schaftlänge von 442-463 kg / entsprechend 1,04-1,08 kg/ PS und das inklusive der elektrischen Lenkung überzeugt das Powerpack auch in dieser Richtung.
YAHMAHA V8 STO OFFSHORE
Motortyp 8 Zylinder 4-Takt V-Motor (60°)/32 Ventile/DOHC mit variabler Ventilsteuerung
Hubraum 5559 ccm
Bohr x Hub 96 x 96 mm
Max. Leistung a. Propellerwelle 316,9 kW / 5500 U/min
Volllast 5.000 – 6.000 U/min
Schmierung Nasssumpf
Kraftstoffsystem Direkt-Einspritzung
Zündung TCI
Start-System Elektrisch
Steuerungssystem Elektronische-Steuerung
Getriebeuntersetzung 1,79 (25/14)
Schaftlänge X: 640 mm, U: 767 mm, E: 894 mm
Trockengewicht X: 442 kg, U: 453 kg, E: 463 kg
Ölfüllung 7,8 Liter
Die Kraftstoffeinspritzung erfolgt mit 200 Bar
Fazit
In der Kombination von hohem Drehmoment in Verbindung mit perfekter Systemintegration, einfacher Handhabung für Servicebetriebe und Kunden plus effi zientem Fahrbetrieb bei hoher Leistung trifft der Yamaha XTO Offshore die neuen Anforderungen des Marktes auf den Punkt. Dabei über-zeugt das Antriebspaket mit weichem, sehr komfortablem Motorlauf, hohem Schub bei gleichzeitig ausgezeichneter Kontrollierbarkeit und einer linearen, druckvollen Leistungsabgabe. Ein ansprechendes Design, und eine servicefreundliche Konfiguration runden das Gesamtpaket Yamaha XTO Offshore perfekt ab und machen es zur ersten Wahl für alle, die mehr Druck am Heckspiegel wollen oder brauchen. Ein Preis war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
www.yamaha-motor.eu/de
www.motorbootonline.de