Die erste Erfindung des Knickpleuel-Prinzips stammt vom amerikanischen Konstrukteur Alvah L. Powell, der 1924 einen Motor mit Knickpleuel zum Patent anmeldete. Anstelle eines starren Pleuels, der in normalen Motoren Kolben und Kurbelwelle verbindet, konstruierte er einen zweigeteilten Knickpleuel, welcher mit einem Gelenk versehen ist. Dadurch verlängert sich die Verweildauer des Kolbens an den Totpunkten und das Drehmoment wird in den entscheidenden Positionen gesteigert. Schon damals war der Nutzen dieser durch den Einsatz zusätzlicher, bewegter Gelenke realisierten Kinematik anstelle eines herkömmlichen Kurbeltriebes mit Pleuelstange umstritten.
Ungefähr ein halbes Jahrhundert später knüpfte der deutsche Erfinder Gerhard Mederer an dieses Konzept an. Als ausgebildetem Statiker war ihm der nachteilige Umstand von Otto- und Dieselmotoren mit herkömmlichem Kurbeltrieb aufgefallen, welche aufgrund ihrer Kinematik, während des Betriebs, beim Wechsel vom 2. in den 3. Takt (Zündung) – gerade bei Erreichen der maximalen Verdichtung (exakt am oberen Totpunkt) – kein nutzbares Drehmoment aufwiesen.
Als weiteren Nachteil der herkömmlichen Kurbeltriebe empfand Mederer die Tatsache, dass bei laufenden Verbrennungs-Motoren mit Standard-Kurbeltrieb, die übliche Frühzündung, vor dem oberen Totpunkt, also vor Beginn eines jeden Arbeitstaktes erfolgte. Die Folge dieser Frühzündung war ein, bis zur Überwindung des oberen Totpunktes, der Drehrichtung entgegengesetzt wirkendes, also negatives Drehmoment. Weiter erfolgte in diesem, direkt zur Gewinnung von Kolbenarbeit noch nicht nutzbaren Kurbelwinkel-Bereich, vor dem oberen Totpunkt, bereits Energieentwertung durch die Kühlung. Diese, in allen Motoren der üblichen Bauweise vorhandenen, nachteiligen Effekte, wollte Mederer überwinden. Seiner Ansicht nach würde man nur mit konstruktiven Maßnahmen am Kurbeltrieb diesen Nachteilen begegnen können.
Daher war er auf der Suche nach einer Kinematik, die ohne Frühzündung, also erst nach dem Erreichen des oberen Totpunktes – wenn die Kolbenkraft ein nutzbares Drehmoment in Drehrichtung ergeben würde – noch eine wirkungsvolle Ausnutzung des Zündvorgangs und der Verbrennung ermöglichen sollte. Dies sollte zugleich die Anordnung von Pleuel – bzw. zusätzlichem Hilfspleuel – die, auf die Kurbelwelle wirkende Kraft und damit das mögliche Drehmoment, während der kurzen Arbeitsphase verstärken. Nachweislich gelang ihm dieser Schritt nach vielen zeichnerischen Entwürfen und Versuchsmodellen. Er erhielt in den 1970er Jahren das erste Patent auf seine Anordnung. Damit war mit dem Mederer-Motor ein besonderer „Knickpleuelmotor“ entstanden.
Ausgangspunkt von jedem seiner Versuche waren immer theoretische Untersuchungen über das Verhalten der auftretenden Kräfte beim entsprechenden Kolbenhub. Dann wurden Modelle gebaut, in denen er die statischen Kräfte für alle Kurbelwinkel nachweisen konnte. Bei allen Mederer-Motoren wurden herkömmliche Kurbeltriebe durch Anordnungen ersetzt, die ein verändertes, phasenweise größeres Drehmoment während des Arbeitstaktes zur Folge hatten. Um die Kräfteeinleitung besser verstehen zu können, soll folgende Überlegung beitragen. Eine, in der Theorie als konstant angenommene Kolbenkraft sollte während einer gesamten Kurbelwellenumdrehung von 360 °(Kurbelwinkel) wirken. Dabei galt natürlich auch für die Kinematik des Mederer-Motors, der Formelausdruck für die Summe der Kolbenarbeit:
Summe von: (Kurbelwellendrehmoment x Kurbelwinkel-Inkrement)= 0 (ermittelt über 360°Kurbelwinkel).
Aber durch geschickte Ausnutzung der veränderten Kräfteverhältnisse während des Arbeitstaktes (nach dem oberen Totpunkt) konnte die Wirkung der Gaskraft optimiert werden. Die längere Verweilzeit des Kolbens am unteren Totpunkt beim Mederer-Motor ermöglichte es zusätzlich, die Öffnung des Auslassventiles später erfolgen zu lassen. Hierdurch wurde die wirksame Arbeit des Kolbens über einen etwas längeren Hub ausgenutzt und trotzdem war genügend Zeit für den Gaswechsel vorhanden.
Beim Mederer-Motor verweilte der Kolben auch länger am oberen Totpunkt, was eine Einspritzung und Verbrennung in der Nähe des oberen Totpunktes möglich machte. Vorteile waren bei dieser Quasi-Gleichraumverbrennung die entstandenen, geringfügig höheren Verbrennungstemperaturen, der dadurch vollständigere Abbrand und die reduzierte Gegenkraft (kurz vor dem oberen Totpunkt). Geringere thermische Abwärmeverluste konnten beim Mederer-Motor durch Messungen am Kühlwasser nachgewiesen werden. Zur Vermeidung des – bei höheren Verbrennungstemperaturen entstehenden, höheren Anteils giftiger Stickoxide – musste allerdings die Einspritzung angepasst werden.
Ein weiterer Vorteil war die gute Eignung des Mederer-Motors für Brennstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen, z.B. unverestertes Rapsöl. Als etwas nachteilig galt die erhöhte Reibung durch die zwei zusätzlichen Gelenke. Die größere Masse des Kurbeltriebs und die geänderten Beschleunigungskräfte führten zu einer erhöhten Belastung der Motorkomponenten, die durch mehr mechanischen Aufwand aufgefangen werden mussten. Den somit möglichen Drehzahlen steht ein höheres Drehmoment zur Verfügung, das ein entsprechend dimensioniertes Getriebe zur Drehmomentwandlung erforderlich machte. Die Lagerung zwischen den beiden Pleueln des Mederer-Motors erforderte besonderen Aufwand: So konnten die notwendigen Zusatzbauteile (Hilfspleuel, Lager) und die Schmierung oft nur durch umständliche Änderungen in herkömmliche Motorblöcke integriert werden. Deshalb waren Mederer-Motoren immer Verwirklichungen, die Kompromisse zwischen praktischen Lösungen und den theoretisch gefundenen Anordnungen darstellten. Gerhard Mederer erreichte so als bayerischer Erfinder Bekanntheit und erhielt diverse Auszeichnungen. Durch amtliche TÜV-Messungen ist belegt, dass sein Motor einen höheren Wirkungsgrad und weniger Rußausstoß besaß als herkömmliche Motoren. Diese Messungen entstanden an seinem eigenen umgebauten Mercedes 190D (W 201).
Die Autoindustrie hatte kein Interesse an seiner Erfindung, als Argumente wurden angeführt: der technische Mehraufwand würde die Vorteile überwiegen. Obwohl eine Weiterentwicklung der vielen, noch nicht untersuchten möglichen Varianten des Mederer-Motors, großes Potential aufwiesen. So hätte auf relativ einfache Weise noch eine Veränderung des Kompressionsverhältnisses für unterschiedliche Betriebszustände und Kraftstoffqualitäten vorgenommen werden können. Mederer war, ohne den Background eines Entwicklungslabors und mit nur wenig wissenschaftlicher Unterstützung kaum in der Lage, sämtliche Effekte seiner umgebauten Motoren mit den geforderten Untersuchungen zu belegen.
Somit ging die Idee des Knickpleuelmotors weder in der Ausführung von Mederer noch in der von Powell über das Erprobungsstadium hinaus und hat heute im Motorenbau keine Relevanz.//