Lich, bekannt durch den Slogan „Aus dem Herzen der Natur“, liegt zentral in Mittelhessen und hat ca. 14000 Einwohner. Die Freiwillige Feuerwehr Lich hat einen Löschzug mit derzeit 54 Einsatzkräften. Zur Bewältigung der durchschnittlich 100 Einsätze stehen der Wehr sieben Fahrzeuge und fünf Abrollbehälter zur Verfügung.
Bis in das Jahr 1942 besaß die Wehr zwei pferdebespannte Motorspritzen. Mit der Neuorganisation des Feuerwehrwesens im Landkreis Gießen wurde ein leichtes Löschgruppenfahrzeug 8 (LF8) beschafft. Zunächst der Feuerlöschpolizei unterstellt, versah das Fahrzeug in grüner Lackierung seinen Dienst. Zu größeren Einsätzen innerhalb des Licher Stadtgebietes ist es jedoch während des Krieges nicht gekommen. Um 1945 wurde der LF8 zu zahlreichen Einsätzen in Frankfurt/Main, Offenbach, Kassel, Gießen und anderen Orten befohlen. In den überwiegend durch Brandbomben zerstörten Städten bestand die Aufgabe in Menschenrettung und Brandbekämpfung. Mit Ende des 2. Weltkrieges, wurde zunächst auch die Tätigkeit der Feuerlöschpolizei eingestellt, ehe mit der Genehmigung der Besatzungsmacht nach wenigen Monaten der Dienstbetrieb wieder aufgenommen werden konnte.
Das erste Feuerwehrfahrzeug in Lich und Umgebung versah zuverlässig seinen Dienst bis in das Jahr 1981. Hauptaufgaben waren Brandbekämpfung, überörtliche Unterstützung bei der Brandbekämpfung und Aufbau einer Löschwasserversorgung. Bis zum heutigen Tag Die Restauration hat sich gelohnt, der Licher Oldtimer LF8 erstrahlt in neuem Glanz kamen Feuerwehrgenerationen mit diesem Fahrzeug in Berührung und verfügen teils über viele persönliche Erinnerungen. Nach Außerdienststellung ging der LF8 in den Besitz des Feuerwehrvereins über. Fortan wurde das Fahrzeug für Oldtimerrundfahrten, Hochzeitsfahrten und vieles mehr genutzt.
„Ich erinnere mich noch gut an eine Ausfahrt in den nahegelegenen Vogelsberg, auf den Hoherodskopf. Unser Ziel erreichten wir erst gar nicht, viel mehr waren wir froh wieder zu Hause angekommen zu sein“, erinnert sich Florian Stein, Vorsitzender des Feuerwehrvereins. Im Vorfeld jeder Fahrt war neben erheblichen Ölverlusts stets fraglich, ob das Fahrzeug überhaupt ansprang – was wiederum nur mit deutlich hörbaren Klopfgeräuschen des Motors verbunden war.
In den Jahren ab 1981 bis heute wurden an dem Fahrzeug immer wieder kleinere Instandsetzungsarbeiten durchgeführt. Grundsätzlich musste aber eine langfristige Entscheidung getroffen werden, was künftig mit dem Oldtimer geschehen sollte. In der Halle stehen lassen, restaurieren oder gar verkaufen, waren im Sommer 2018 erste angedachte Optionen. Auf Grundlage anfänglicher Kostenschätzungen sprach sich nach intensiven Beratungen im Vereinsvorstand schließlich auch die Mitgliederversammlung im Januar 2019 für eine Restauration des Motors aus.
Technische Daten LF8:
Bezeichnung: LF 8
Kennzeichen: GI – V 1942 H
Typ: Daimler Benz, L 1500 S
Baujahr/Indienststellung: 1942
Außerdienststellung: 1981
Hubraum: 2.594 m³
Gewicht: 3.900 kg
Leistung: 44 KW / 60 PS
Höchstgeschwindigkeit: 70 km / h
Sitzplätze: 10
Fahrzeugabmessungen: L 5.200/B 2.000/H 2.300mm
Beladung (Auszug):
• 1 Steckleiter, vierteilig • 3 Feuerwehräxte
• 1 Meldertasche • 1 Krankentrage
• 1 Einreißhaken • 1 Sanitätskasten
• 12 C-Rollschläuche • 1 Handfeuerlöscher (6kg)
• 2 Verteilungsstücke
Viele Herausforderungen auf dem Weg der Restauration!
Schnell war klar, dass in den eigenen Reihen niemand in der Lage war, eine derart umfangreiche Restauration vorzunehmen. Auch herkömmliche Kfz-Werkstätten kamen bei einem Motor, Baujahr 1942, nicht in Betracht. Nach langer Suche konnte jedoch mit der Firma „SCHAD Oldtimer Manufaktur“ ein besonderer Partner gefunden werden, der sich mit über 30jähriger Erfahrung zu einem der führenden Restaurationsbetriebe für Oldtimer in Europa entwickelt hatte. Besonders hervorzuheben ist, dass sämtliche Arbeiten in der „Klassikstadt“ in Frankfurt/Main ausgeführt wurden. „Ich vergesse nie meinen ersten Besuch vor Ort. Der Fabrikbau mit seiner Backsteinfassade ist schon von außen beeindruckend. Als ich dann im Inneren des Gebäudes unseren LF8, umrahmt von Rennboliden der Marken McLaren oder Lotus sah, daneben Oldtimerklassiker wie den Adenauer-Benz bemerkte, verschlug es mir die Sprache. Ein Besuch der Klassikstadt lohnt sich auf jeden Fall“, zeigt sich Florian Stein noch immer begeistert.
Während sich die Firma SCHAD um Ein- und Ausbau des Motors, sowie die Instandsetzung sämtlicher Anbauteile kümmerte (Dichtungen, Kühler, Ansaugkrümmer, Vergaser, Wasserpumpe, uvm.), wurde mit der Firma „Motoreninstandsetzung Joachim und Markus Reese GbR“ ein weiterer, überaus erfahrener Partner gefunden, welcher sich der Restauration des eigentlichen Motors annahm. Im Gespräch mit Uli Günster, Werkstattleiter der Firma SCHAD, unterstreicht dieser die Besonderheit des Auftrages: „Der verbaute 60 PS original Benzinmotor ist schon aufgrund des Alters und der damit einhergehenden Bauart einzigartig. Die Instandsetzung von Fahrzeugmotoren ab den 1960er Jahren, wie der Porsche 356 oder spätere Modelle wie der Mercedes 190 SL stellen dabei gänzlich andere Herausforderungen als ein Motor aus dem Jahr 1942. Allein die Qualität der Gussstücke war zu dieser Zeit, aufgrund der nur begrenzten Verfügbarkeit von geeigneten Metallen und Legierungen, oftmals minderwertig. Viele der Teile weisen daher nach 80jähriger Nutzung einen schlechten Zustand auf.“ Die größte Herausforderung war daher die Ersatzteilbeschaffung. Neben vorhandenen Kontakten der Firmen Reese und SCHAD, suchte die Feuerwehr Lich auch eigenständig nach den passenden Teilen. Dank einer Liste europaweit noch vorhandener LF8 war dies möglich. „Das Problem lag jedoch in der Aktualität der Liste sowie den darin enthaltenen Informationen. Es waren immer nur der Name des Besitzers und der Ort bekannt. So musste zunächst die Telefonnummer ermittelt werden, ehe dann der eigentliche Anruf erfolgen konnte. In vielen Fällen waren die Besitzer jedoch schon verstorben oder das Fahrzeug gar weiterverkauft. Nach Stunden vergeblicher Mühe und unzähligen Telefonaten war es dann umso erfreulicher auch positive Rückmeldungen zu erhalten“, so Florian Stein.
Letztendlich wurden die Ersatzteile im gesamten Bundesgebiet beschafft. Da die vorhandene Kurbelwelle nicht mehr schleifbar war, musste nach passendem Ersatz gesucht werden. Danke der Hilfe durch Mercedes-Benz Classic, Alfeld war dies nach etlichen Wochen möglich. Ebenso mussten die Pleuelstangen ersetzt werden – was zur Folge hatte, dass auch die Pleuellager eine geänderte Grundbohrung benötigten. Diese Arbeiten wurden in Köln durchgeführt. Kolben und Kopfdichtung wurden in Stuttgart erneuert, die Ölpumpe in Minden in Stand gesetzt, Riemenscheibe sowie Ansaugkrümmer aus Chemnitz beschafft, der Kühler nahe Koblenz neu gefertigt. Zudem mussten sämtliche Dichtungen in Handarbeit angefertigt werden.
Fertigstellung verzögerte sich mehrfach!
Nach nunmehr drei Jahren konnte die Restauration erfolgreich abgeschlossen werden – nachdem nahezu jedes im Motorraum verbaute Teil ertüchtigt wurde. Dabei wurde stets größten Wert auf die Originalität des Fahrzeuges gelegt. Besonders stolz ist man darauf, dass das für die Geschichte der Licher Wehr so bedeutsame Fahrzeug nun in bestem Zustand an nachfolgende Generationen weitergegeben werden kann.
Im Zuge der Restauration kam es jedoch auch zu zahlreichen Rückschlägen und Verzögerungen. So war der schlussendliche Umfang der Restauration im Vorfeld nicht vorhersehbar. War anfänglich nur die Instandsetzung des eigentlichen Motors geplant, mussten im weiteren Verlauf der Arbeiten auch zahlreiche Anbauteile erneuert werden. Als schlussendlich kurz vor der ersten geplanten Hauptuntersuchung ein Lunker im Motorblock festgestellt wurde und infolgedessen der Motor abermals zerlegt werden musste, war die Ernüchterung sehr groß. „Viele der Herausforderungen haben sich erst im Laufe der Zeit ergeben. Wenn man den Kühler erneuert, verbaut man den vorhandenen Wasserflansch nicht stark verrostet, sondern kümmert sich vielmehr darum, dass dieser auch in Ordnung ist. So mussten wir zwangsläufig auch Themen angehen, welche wir zu Beginn unserer Planungen nicht berücksichtigt hatten. Umso glücklicher sind wir nun darüber, dass die Fertigstellung endlich gelungen ist“, endet Florian Stein.