In Zeiten aktiven Downsizings von Motoren bei nahezu allen Herstellern, mutet der M54B30-Motor von BMW wie ein Relikt einer vergangenen Ära an, obwohl er erst im Jahr 2004 außer Dienst gestellt wurde. Um bei aktuellen Modellen in den Genuß einer Sechszylindermaschine zu kommen, braucht es inzwischen das jeweilige Topmodell der Baureihe. Mercedes bietet beispielsweise in der C-Klasse gar keinen mehr an. Kraft und Drehmoment sind bei diesen Vier- oder auch Dreizylinder-Motoren trotzdem reichlich vorhanden, Laufkultur, saubere Drehmomententfaltung und Sound sucht man allerdings vergeblich.
BMW signalisierte schon mit seinen Typbezeichnungen am Heck, was vorne im Motorraum schlummerte. Der oben abgebildete E46 330CI hat ganz selbstverständlich einen 3-Liter-Saugmotor verbaut. Ein einziges Mal wich BMW in seiner Historie von dieser Tradition ab: So hatte in den Endsiebzigern der 745i der Baureihe E23 einen turboaufgeladenen 3,5 l-Motor. Heute stimmt mit den Typbezeichnungen gar nichts mehr. Ein aktueller 3er/4er mit der Endung 30i besitzt nur noch einen aufgeladenen Vierzylinder. Ob diese ausschließlich auf Effizienz ausgelegten Motoren in 20 Jahren weiter auf den Straßen zu finden sind, sei dahingestellt. Die alten Sechszylinder-Motoren erreichen bei guter Pflege oder manchmal auch ohne diese, mühelos Laufleistungen jenseits der 400.000 Kilometer. Mehr Nachhaltigkeit geht eigentlich nicht.
Kennzeichnend für den M54-Motor, den es in den Ausbaustufen 2,2 l; 2,5 l und 3,0 l gab, sind Doppel-VANOS (Der Begriff „VANOS“ ist die Kurzform für Variable Nockenwellen-Spreizung. Diese Technologie stellte bei ihrer Einführung 1992 mit dem BMW Motor M50 einen Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte des Verbrennungsmotors dar) und ein optimiertes Drehmoment im Bereich des unteren Drehzahlbandes. Kurbelgehäuse und Zylinderkopf bestehen aus Aluminium. Er ist einerseits die Weiterentwicklung des M52-Motors und wurde im Jahre 2004 durch den N52-Motor abgelöst. Gegenüber dem Vorgänger M52 wurde der Hubraum beim M54B22 und beim M54B30 durch einen etwas längeren Hub um je 0,2 l vergrößert. Die teilweise signifikanten Leistungssteigerungen (28 kW im Fall der 3-Liter-Maschine) wurden aber zum größten Teil durch Reduktion der Strömungswiderstände auf Ein- und Auslassseite des Motors erreicht.
Der Reihen-Sechszylinder stellt im Gegensatz zu anderen Bauformen das physikalische Optimum für einen Sechszylindermotor dar. Die gänzliche Abwesenheit von freien Massenkräften und Momenten aufgrund der vollkommenen inneren Ausgeglichenheit dieser Motorbauform ist unschlagbar. Wo andere Bauformen mit Ausgleichswellen und aufwendigen Motorlagerungen versuchen, ihre Nachteile im Schwingungsverhalten auszumerzen, spielt der Reihensechszylinder seinen Konzeptvorteil voll aus. Sein turbinenartiger Lauf ist bis heute legendär. Ein unschlagbarer Vorteil dieser Bauart ist auch seine Zukunftssicherheit. Mit der Komplexität heutiger Ventiltriebe wird es immer mehr ein entscheidender Kostenfaktor, wenn man, wie beim Reihenmotor, nur einen Zylinderkopf und damit auch nur einen Ventiltrieb braucht und nicht, wie bei V-Motoren gleich zwei.
Bei der Entwicklung des M54-Motors wurden Saug- und Abgasanlage sowie alle anderen Saugluft führenden Teile mit Blick auf minimale Strömungsverluste und Maximierung der Zylinderfüllung durch optimale Resonanzwirkung komplett neu gestaltet. Dies mag zwar unspektakulär erscheinen, trägt aber mit nicht weniger als 57 % (=16 kW) zum Leistungszuwachs bei. Die zuvor elektromechanisch betätigte Drosselklappe wurde durch eine vollelektronische Ausführung ersetzt. Beim Abrufen hoher Motorleistung wurde so eine unmittelbare Reaktion des Fahrzeuges erreicht, damit die Übergänge vom Schub- in den Teillastbetrieb und umgekehrt noch harmonischer verlaufen. Die seidenweiche, ab höheren Drehzahlbereichen brachiale Kraft entfaltete sich in der kompakten 3er Reihe E46 und den Z-Roadstern am besten, da hier das Leistungsgewicht am optimalsten war. Verbaut wurden die M54-Motoren zudem in den 5er und 7er Baureihen E38 und E39.
Diese Motoren mobilisieren mühelos 77 kW / 105 PS aus einem Liter Hubraum und 100 Nm Drehmoment aus dem gleichen Volumen gelten als Vorgabe für jedes neue Triebwerk, ohne dass dazu das Mittel der Aufladung bemüht werden müsste. Das leichte Hochdrehen der BMW Aggregate und ein sehr großes, nutzbares Drehzahlband von 700 bis 6500/min liegen in dem günstigen Verhältnis von Leistung und Drehmoment zu Hubraum begründet. Diese fantastische Elastizität zeichnet den M54B30 letztendlich aus, kein Turbomotor wird dieser Laufkultur jemals ebenbürtig begegnen können. Übertroffen wird dieser Motor nur durch den S54 im M3.