Moderne Motoren sind im Vergleich zu früher echte High-Tech Aggregate, die deutlich mehr können, als die vergleichsweise einfachen „Vorfahren“. Sie sind aber auch sensibler und haben einem höheren Anspruch an die Qualität der Betriebsstoffe. Ein Anspruch, auf den sich deren Hersteller aber auch die Nutzer einstellen müssen. Additive helfen, dem gerecht zu werden.
Was + Warum?
Additive (lat. additivum = hinzugeben, beiliegend) sind Zusatzstoffe, die zum eigentlichen Betriebsstoff also dem Kraftstoff oder dem Motor- oder Getriebeöl hinzugefügt werden. Sie helfen, die Qualität des Betriebsstoffes sicherzustellen, sie zu verbessern und bestimmte Eigenschaften zu garantieren. Sie werden entweder bereits herstellerseitig beigemischt, oder können vom Endkunden beigegeben werden. Bei Treibstoffen machen Additive am Gesamtvolumen nur einen vergleichsweise geringen Anteil aus. Sie sollen helfen z.B. die Klopffestigkeit oder die Verbrennung zu verbessern, sollen zur Reinigung der Kraftstoffanlage, der Ventile und des Brennraumes beizutragen, die Lagerfähigkeit des Brennstoffes verbessern oder werden z.B. als Biozid hinzugefügt, um die Kontaminierung mit Bakterien (z.B. „Dieselpest“) zu verhindern.
Bei Ölen hingegen kann der Anteil der Additive sogar bis zu 25 bis 30 Prozent betragen. So sind z.B. Additive zur Erhöhung der Druck- und Scherfestigkeit des Öls unerlässlich. Aber auch der Korrosionsschutz, der Schutz vor Alterung oder der zur Verhinderung der Bildung von Schaum spielt eine wichtige Rolle. Ohne entsprechende Additive kann selbst ein hochwertiges Grundöl seinen anspruchsvollen Aufgaben beim Betrieb eines modernen Motors nicht gerecht werden.
Marketing oder „Must have“?
Die Wirkung von Additiven wird von selbsternannten „Sparfüchsen“ oft angezweifelt, und nicht selten wird als eigentlicher Zweck hier lediglich die Gewinnmaximierung der Hersteller unterstellt. „Alles schon herstellerseitig drin – weitere Zugabe sinnlos…“ lautet eine der oft vertretenen Meinungen zum Thema.
David Kaiser, Chef-Chemiker des Additiv- und Schmierstoffherstellers Liqui Moly aus Ulm, kennt diese Gerüchte: „Da Additive natürlich den Preis des Betriebsstoffes erhöhen, werden sie oft von den Mineralölgesellschaften selber nur in dem Maße beigegeben, wie es für die Einhaltung der Normen notwendig ist“, erklärt Kaiser. „Dabei richten sich die Hersteller nach einem Standard Anwendungsprofi l, das z.B. vorsieht, dass ein Kraftstoff binnen 90 Tagen – abhängig von den Lagerbedingungen – verbraucht wird. Bei Booten, die z.B. lange im Winterlager liegen oder nur selten genutzt werden, verlassen wir dieses Profi l aber häufig, sodass eine z.B. Verbesserung der Eigenschaften mit einem Additiv, dass die Lagerfähigkeit des Kraftstoffes über einen längeren Zeitraum gewährleistet, durchaus sinnvoll ist“, so Kaiser.
Doch nicht nur als Langezeit-Bestandteil des Betriebsstoffes kommen Additive zum Einsatz. Auch zur kurzzeitigen Pflege können sie als „chemisches Werkzeug“ und Problemlöser eingesetzt werden.
So kann z.B. direkt vor dem Ölwechsel ein Additiv als dafür sorgen, dass der Motor vom Ölschlamm befreit und gespült wird. Dieses Additiv verbleibt nur sehr kurz im Motor und wird mit dem alten Öl wieder entfernt. Andere Additive reinigen das Kraftstoffsystem von Ablagerungen und Rückständen, die bei der Verbrennung entstehen. Diese Rückstände lagern sich z.B. an den Einspritzdüsen ab, sodass eine saubere und effiziente Einspritzung des Kraftstoffes verhindert wird.
Die Legende, dass solche Additive eher schädlich sind, da die Ablagerungen, Verschmutzungen im Motor über die Zeit dazu beitragen, den Motor und dessen verschlissenen Bauteile „abzudichten“ verweist David Kaiser ins Märchenland: „Als erstes sollte man sich einmal vor Augen halten, dass kein Ingenieur einen Motor daraufhin konstruiert, das er verschmutzt ist“, so Kaiser schmunzelnd und fügt hinzu: „…und wer sich einmal die harten verkrusteten Verbrennungsrückstände z.B. an Ventilen oder Kolbenringen angesehen hat, der begreift schnell, dass hier gar nichts dichtet, sondern eher das Gegenteil der Fall ist.“
Ablagerungen und Rückstände an einem Injector – im Gegensatz dazu das saubere Pendant.
Liqui Molys Chefchemiker stellt aber auch klar: „Der Einsatz von Additiven hilft zwar z.B. Kraftstoff zu sparen und den Verschleiß zu minimieren – dies aber immer im Vergleich von einem älteren Motor zu einem neuen Motor. Hier können Additive z.B. durch einen Reinigungseffekt schon relativ kurzfristig nach wenigen Betriebsstunden einen spürbaren, positiven Effekt erreichen wie z.B. ruhigeren Motorlauf, mehr Drehmoment oder besseres Startverhalten. Die Verbesserung der Eigenschaften eines neuen Motors kann aber über die bloße Zugabe von Additiven nicht erreicht werden.“
Oben im Vergleich zu unten deutlich zu sehen: Die unzureichende Einspritzung des verschmutzten Injectors in den Brennraum.
Getestet und geprüft
Zahlreiche unabhängige Tests haben die positiven Auswirkungen bestätigt: So lautete z.B. im Jahr 2007 das Resümee der Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm (SWU) nach einjährigem Test mit Liqui Moly Additiven: Drei Prozent reduzierter Verbrauch, geringerer Schadstoffausstoß, weniger Reparaturen bei gleichzeitig im Ganzen eingesparten Kosten. Hier „spulten“ sieben Omnibusse rund 440.000 Testkilometer ab. Wäre der komplette Fuhrpark mit dem Additiv befüllt worden, hätten sich danach auch der CO2-Ausstoß um 335 Tonnen im Jahr senken lassen. Auch in Zusammenarbeit mit anderen unabhängigen Institutionen wie z.B. dem TÜV, aber auch in zahlreichen Praxisanwendungen überprüfen die Liqui Moly Techniker ihre Entwicklungen regelmäßig.
Qualitätsunterschiede
Wie beim Kraftstoff gibt es auch bei den Additiven qualitative Unterschiede. „Auch Additive müssen Standards einhalten. Bei den großen Markenherstellern ist das i.d.R. auch kein Problem“, so David Kaiser. „Allerdings tummeln sich auch vereinzelt Produkte und sog. ‚Wundermittel‘ z.B. aus Fernost auf dem Markt, von deren Einsatz man besser absehen sollte“, weiß der erfahrene Chemiker und warnt: „Hier drohen Gesundheitsgefahren für den Anwender, die Wirkstoffe sind in Bezug auf die Umweltverträglichkeit problematisch, oder aber das Additiv ist sehr aggressiv und entfernt vielleicht die Verschmutzungen im Motor, die Dichtungen aber unter Umständen auch gleich mit, sodass Motorschäden drohen“
An Bord
Natürlich können Additive keine Wunder bewirken, oder größere Verschleißschäden „reparieren“. Wer z.B. erstmal die gefürchtete Dieselpest im großen Umfang im Tank hat, der wird dem Problem nur mit einer gründlichen, mechanischen Reinigung des Tanks und des Kraftstoffsystems Herr. Ein Dieselschutz-Additiv ist aber sinnvoll, um der Kontaminierung vorzubeugen. Gerade für Boote und Yachten, deren Kraftstoff lange lagert, die sich vielleicht auch in korrosiver salzhaltiger Umgebung aufhalten und die im Ausland ggf. auch mal minderwertigen Kraftstoff tanken, können Additive bei der Reinigung und Pflege des Motor- und Kraftstoffsystems helfen, die Lebensdauer des Motors zu erhöhen und den Spritverbrauch etwas senken. Somit schont der Einsatz von Additiven langfristig nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Ein kleiner Bord-Vorrat an ausgewählten Additiven, die regelmäßig und zielgerichtet beigemischt werden, ist also durchaus sinnvoll.
Mit und ohne Ölschlammspülung vor dem Ölwechsel – das Ergebnis ist deutlich.
Bild links: Das Liqui Moly Dieselschutz Additiv ist frei an Endverbraucher verkäuflich (Foto: Liqui Moly)
Bild rechts: ERC – Die Hersteller haben für den marinen Einsatz eigene Produktlinien entwickelt. (Foto: ERC)
Interview
Dr. Martin Müller verantwortet als Geschäftsführer die Sparte Produktkoordination und Produktion des niedersächsischen Additiv-Spezialisten ERC. Das Unternehmen zählt zu den führenden Herstellern von Mineralöl-Additiven.
DerMotor:
Kraftstoff- und Motoröl-Additiven werden manchmal in der Werbung überragende Eigenschaften zugeschrieben. Von einer erheblichen Kraftstoff-Einsparung ist die Rede, von deutlich besseren Beschleunigungs- und Endgeschwindigkeiten und auch Motor-Undichtigkeiten sollen damit angeblich behoben werden. Was halten Sie als Chemiker davon?
Dr. Müller:
Wenn das so wäre, würden die Motorenhersteller längst solche Additive werkseitig vorschreiben. Solche Aussagen bringen eine ganze Branche in Verruf. Seriöse Hersteller von Additiven führen bestimmte Mixturen für speziell definierte Anwendungsbereiche in ihrem Portfolio. Immer dann, wenn das individuelle Nutzungsprofi l eines Kraftstoffs oder eines Motors vom allgemeinen Profil abweicht, können maßgeschneiderte Additive helfen.
DerMotor:
Zum Beispiel?
Dr. Müller:
Nehmen sie einen modernen Common Rail-Diesel. Der spritzt mit bis zu 3000 bar bis zu sieben Mal pro Kolbenhub Kraftstoff in die Brennkammer ein. Schon die kleinste Verschmutzung des Injektors kann diesen Prozess nachhaltig stören. Zunächst wird der Motorlauf unruhiger, dann tritt durch die verzögerte Haupteinspritzung ein Leistungsverlust auf und nicht selten endet das Ganze in einem aufwendigen Injektortausch, der schnell mal eine satte vierstellige Summe verschlingt. Bei regelmäßiger Reinigung durch spezielle reinigende Additive hätte man das vermeiden können.
DerMotor:
Dann wären die Motoren aber doch werkseitig falsch konstruiert?
Dr. Müller:
Nein, die Motorenentwickler konstruieren Motoren für normgerechte Kraftstoffe unter dem Druck immer restriktiverer Abgasvorschriften. Was im täglich genutzten PKW oder LKW noch funktioniert, kann in nur gelegentlich genutzten Aggregaten schon mal zu kraftstoffbedingten Fehlfunktionen führen. Oder denken Sie in diesem Zusammenhang nur mal an deutlich schlechtere Kraftstoffqualitäten in vielen Ländern. Hier empfiehlt es sich, regelmäßig Vorsorge durch geeignete
Additive zu treffen.
DerMotor:
Was würden Sie persönlich unternehmen, um sich vor Schäden zu schützen?
Dr. Müller:
Je nach Einsatzprofi l des Motors würde ich bei Dieselmotoren den Kraftstoff gegen Belagsbildung und Alterung schützen und das gesamte Einspritzsystem mindestens einmal im Jahr gründlich mit Additiven reinigen. Bei Benzinern empfiehlt sich neben einem Detergent (Reinigungsmittel für das Kraftstoffsystem, d.R.) ein Korrosionsschutz und bei nicht regelmäßigem Betrieb ein geeigneter Alterungsstabilisator. Nur in Sonderfällen – z.B. bei Benzinqualitäten, die die seitens der Hersteller geforderten Oktanzahlen nicht garantieren können, empfiehlt sich ggf. ein Oktanzahlverbesserer.