Hemingway hätte als Abenteurer sicherlich seine Freude an diesem robusten Gelände-Klassiker gehabt. Immerhin sind 75 % aller jemals ausgelieferten Land Rover, seit 1990 unter dem Namen »Defender« bekannt, noch im Einsatz. Bis heute hat der Wagen Kultstatus, wird allerdings inzwischen gerne in Großstadtdschungeln wie Hamburg oder Berlin gefahren, was aber beim dortigen Zustand mancher Straßen durchaus seine Berechtigung hat.
Einigen Lesern dürfte der Defender noch aus der US-Fernsehserie »Daktari« bekannt sein. Die Wahl des Fahrzeugs ist insofern verwunderlich, da die Amerikaner ja mit dem Jeep ein adäquates Pendant gehabt hätten. Auch der Camel-Mann (für die geh ich meilenweit) wird zu seinen Zigaretten eher gefahren sein, da sich im Hintergrund immer mal wieder ein »Landy« entdecken lässt. – Meine ersten Begegnungen in der Jugend waren die kurze Militärausführung Wolf, durch eine nahegelegene Engländer-Siedlung, sowie diverse Kasernen in der weiteren Umgebung. Das charakteristische Motorengeräusch dieser Serie III war ziemlich einzigartig, da damals in Deutschland nur sehr selten zivile Defender fuhren.
Tatsächlich war die Inspirationsquelle für die Entstehung des Land Rovers der dann von 1948 bis 2016 über zwei Millionen mal gebaut wurde, ein »Willys-Jeep«. Nach dem Zweiten
Weltkrieg gab es in England verbliebene Jeeps, die gerne von Landwirten genutzt wurden. Ihre Anzahl nahm aber stetig ab und konnte den Bedarf bei weitem nicht decken. So entstand durch die Initiative des Chefingenieurs von Rover ein funktionales Fahrzeug für den landwirtschaftlichen Bereich. Von Anfang an wurde das Fahrzeug als das »go anywhere vehicle« beworben. Seine Geländegängigkeit und seine Robustheit wurden immer hervorgehoben. Prospekte zeigten ihn anfangs als Arbeitsgerät in der Landwirtschaft oder Industrie. Im April 1948 wurde das Fahrzeug dann auf der Amsterdamer Motor Show der Öffentlichkeit vorgestellt. Es hieß einfach nur Land Rover und wurde von einem 50 PS (37 kW) 1,6 Liter Benziner angetrieben. 1957 ergänzte den Benzinmotor ein neuer 2,0 L Dieselmotor mit obenliegender Ventilsteuerung (Overhead Valves OHV). Das Fahrzeug war insgesamt sehr spartanisch ausgestattet und der Rahmen war auch nicht mehr verzinkt, wie ursprünglich vorgesehen. Diese Serie I wurde bis 1958 gebaut und dann durch die Serie II ersetzt.
Nach dem großen und vor allem unerwarteten Erfolg wurden einige Dinge überarbeitet. Unter der Motorhaube war die größte Änderung der neue 2,25 Liter Benzinmotor mit 70
PS. Dieser Motor überlebte dank seiner Robustheit bis in die Serie III. Der 2,0 L Dieselmotor blieb hingegen unverändert. Ein Update innerhalb der zweiten Serie wird mit Serie IIa betitelt.
Bauzeit war von 1961 bis 1971. Hier hielt ab 1967 erstmalig ein 2,6 Liter 6 Zylinder Benzinmotor Einzug, die bis dato größte Motorisierung, sowie ein überarbeiteter Dieselmotor mit 2,28 l Hubraum. Dieses Modell war auch das erste, welches das noch heute vorhandene Aussehen der Frontpartie hatte, bei dem die Scheinwerfer nach außen wanderten, da dies inzwischen in zahlreichen Ländern Pflicht war.
Im September 1971 kam die Serie III auf den Markt, die am längsten lief, nämlich bis 1985. Eine Forderung von Land Rover war ein optisch modernisiertes Fahrzeug, was sich im
Wesentlichen im neuen Kühlergrill niederschlug. Das nun erstmals aus Kunststoff gefertigte Teil stieß jedoch auf wenig Gegenliebe, wurden die alten aus Metall doch bisher oft zum Grillen über offenem Feuer genutzt. Diese neue Frontpartie änderte sich dann noch einmal, als erstmalig ein V8-Motor in den Wagen verpflanzt wurde. Seitdem ist die Fronpartie bündig und der nun schwarze Kühlergrill ist nicht mehr eingezogen. Zu Anfang wurden die Motoren der Serie IIa weiterverwendet, später ersetzte ein von Rover entwickelter 3,5 l V8-Motor mit 66 kW (91 PS) bei 3.500 U/min den 2,6 l 6-Zylinder. Um die Kraft des V8 Motors aufzunehmen, wurde in den Serie III Modellen mit diesen Motoren ein neues Getriebe verbaut. Die Serie III markierte in der Geschichte Land Rovers einen wichtigen Punkt. Sie war einerseits das letzte Modell aus der Reihe der erfolgreichen Serien und beendete die Ära so mancher Technik, wie die der Blattfedern. Sie übergab aber auch etliches an die nachfolgenden Fahrzeuggenerationen. Das Antriebskonstrukt aus Motor, Getriebe, Untersetzungsgetriebe mit Abtrieb auf beide Achsen, der Rahmen, die modulare Bauweise der Karosserie und auch ihre Form. Andererseits war die Serie III das erste Modell, in dem wichtige Neuerungen Einzug hielten, die dann für viele Jahre in die neue Generation von Fahrzeugen übernommen wurden und welche die Zukunft dieser Baureihe sichern sollten.
Das heute als »Defender« allseits bekannte Land Rover Modell kam 1983 mit der Bezeichnung One Ten (110) auf den Markt. 110 bezieht sich auf den Achsabstand in Zoll, sehr beliebt ist auch der kürzere Ninety (90). Aus marketingtechnischen Gründen sind diese Werte allerdings gerundet Im Herbst 1989 wurde eine Differenzierung des Modellnamens notwendig, da der Land Rover Discovery eingeführt wurde. Mitte der 1990er Jahre wurde der 200 Tdi Motor mit 107 PS, der bereits im Discovery verbaut wurde, ebenfalls im Defender angeboten. Durch diese Motorisierung wirkte der Landy erstmals etwas spritziger. Schnell ist er ohnehin nie gewesen, schließlich waren ein Leergewicht von 1.800 kg und ein hoher Luftwiderstand im Weg. Immerhin waren in der Spitze 130-145 km/h möglich. Allerdings betrug der Dieselverbrauch 10 bis 11 l/100 km.
Eine Modellpflege des Defender erfolgte 2007, sozusagen ein letztes Update dieser ewigen Baureihe. Cockpit und Sitze wurden verändert und komfortabler ausgelegt. Die wichtigsten Änderungen waren jedoch ein neuer Motor und ein Sechsganggetriebe. Bei der letzten Modellgeneration des Defenders kam ein Ford-Vierzylinder-Dieselmotor zum Einsatz, der unter anderem auch im Ford Transit fuhr und die Euro-4-Abgasnorm erfüllte. Diese Normen zu erfüllen wurde immer schwieriger und die Karosserie-Form war zudem mit den EU-Richtlinien zum Fußgängerschutz nicht mehr vereinbar. Nach fast 70 Jahren Bauzeit neigte sich die Ära Land Rover Defender ihrem Ende entgegen. Drei Sondermodelle mit besonderen Ausstattungspaketen markierten dann 2016 das Produktionsende.