Ein wichtiger Tag für die neue NIS RANDERS: Ende April 2021 erhält der neue Seenotrettungskreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) für den Darß seine beiden Hauptmaschinen. Das Schiff mit der internen Bezeichnung SK 42 wird später von zwei jeweils gut 2.000 PS starken MTU-Motoren angetrieben. Mit 3,8 Tonnen Gewicht wiegt jede der beiden Maschinen so viel wie ein Kleintransporter. Äußerste Präzision ist mehrfach bei den Schiffbauern der Fassmer Werft in Berne/Unterweser gefragt: sowohl bei der Bewegung des Hallenkrans und beim Manövrieren der Motoren durch die Montageluke als auch beim Absetzen der Antriebe auf den dafür vorgesehenen Fundamenten im Maschinenraum. Innerhalb von gut anderthalb Stunden gelingt dieser Vorgang bei beiden Motoren. Die Arbeit ist damit aber nicht erledigt – in den folgenden Tagen werden die Maschinen auf dem Getriebe und der Welle zum Propeller millimetergenau ausgerichtet. Erst dann folgt die feste Verbindung mit den Fundamenten.
SK 42 ist das sechste Schiff der völlig neu konstruierten 28-Meter-Klasse. Die 28-Meter-Einheiten sind wie alle Seenotrettungskreuzer der DGzRS als Schweißkonstruktion ganz aus seewasserbeständigem Leichtmetall im bewährten Netzspantensystem gebaut. Sie zeichnen sich durch ihre hohe Seetüchtigkeit und ihre selbstaufrichtenden Eigenschaften aus. Bei dieser für die Schiffe der DGzRS typischen Bauweise sind die Längs- und Querspanten – abhängig von der Schiffsgröße – nicht weiter als maximal 50 Zentimeter voneinander entfernt und bilden somit ein enges, festes Netz, auf das die Beplattung aufgebracht wird. Seit 1967 werden alle Seenotrettungskreuzer der DGzRS ausschließlich aus Aluminium gebaut, was erheblich Gewicht spart und dadurch geringere Motorenleistungen erfordert.
Enge Luke: Die Mitarbeiter der Fassmer Werft lassen den rund 3,8 Tonnen schweren Steuerbordmotor langsam in den Maschinenraum hinunter.
Zu den augenfälligsten Neuerungen gehören – wie schon bei dem 36,5 Meter langen Seenotrettungskreuzer HARRO KOEBKE – das vollständig geschlossene Deckshaus (Ausguckpositionen für Sucheinsätze sind an der Achterkante des Aufbaus vorhanden) und ein Mehrzweckraum mit Bordhospital, getrennt von der Messe. In der für Seenotrettungskreuzer typischen Heckwanne führen die Schiffe der neuen Klasse ein gut acht Meter langes Tochterboot mit sich. Stationiert werden die 28-Meter-Seenotrettungskreuzer an wichtigen Küstenpunkten, gerade auch zur Sicherung der Großschifffahrtswege. Ihr Einsatzgebiet ist das Küstenvorfeld ebenso wie die hohe See– bei jedem Wetter und auch unter extremsten Bedingungen.
Das Typschiff hatten die Seenotretter zu ihrem 150-jährigen Bestehen Ende Mai 2015 auf den Namen ERNST MEIER- HEDDE getauft und auf Amrum stationiert. Der Neubau ist für den Darß bestimmt. Er wird im Rahmen der notwendigen ständigen Modernisierung der Rettungsflotte die THEO FISCHER, einen Seenotrettungskreuzer der 23,1-Meter-Klasse ablösen. Diese wiederum soll künftig ohne feste Station immer dort zum Einsatz kommen, wo andere Seenotrettungskreuzer vertreten werden müssen, zum Beispiel während turnusgemäßer Generalüberholungen. Auch der neue Seenotrettungskreuzer NIS RANDERS wird, wie die gesamte Arbeit der DGzRS, ausschließlich durch Spenden finanziert. Ohne jeglichen Cent Steuergelder arbeiten die Seenotretter frei von anderweitigen Interessen und vollkommen unabhängig.
Die Rettungseinheiten sind für extreme Wetter- und Seegangsbedingungen ausgelegt. Sie sind sogenannte Selbstaufrichter: Sollten sie kentern, richten sie sich selbstständig wieder auf. Die Besonderheit der MTU-Maschinen ist die Fähigkeit, auch bei großen Krängungswinkeln – also großen Schräglagen – weiterzulaufen. Das macht das sogenannte „Rough Kit“ möglich: Dazu gehören eine vertiefte Ölwanne mit Dämpfungsschotten, eine geänderte Kurbelraumentlüftung sowie eine angepasste Motorsteuerung. Ein spezielles Automationssystem überwacht und steuert den Antrieb sicher bei extremer See mit großen Krängungen.
Technische Daten der 28-Meter-Klasse
Länge 27,90 m
Breite 6,20 m
Tiefgang 1,95 m
Geschwindigkeit 24 Knoten (44,44 km/h)
Reichweite ca. 600/800 sm. (1.111/1.481 km)
Antriebsanlagen
2 x mtu 16V 2.000 M72, je 1.440 kW/1.958 PS, zusammen 2.880 kW/3.916 PS
2 x ZF 5.000D Schiffswendegetriebe, Schleichfahrteinrichtung;
Bugstrahlanlage 75 kW/102 PSTochterboot: 1 x Steyr SE 236 E40, 170 kW/231 PS
Maschinist Martin Thegler steht zwischen den beiden Hauptmaschinen, die den Seenotrettungskreuzer NIS RANDERS später mit ihren fast 4.000 PS auf bis zu 24 Knoten beschleunigen werden.