In dem 18.000 Einwohner-Städtchen Sinzig am Rhein wird es laut, wenn die drei Jungs Fäb, Bob und Manuel durch die Straßen heizen. Meist hört man sie schon lange bevor Sie in die Straße biegen. Bob fährt eine Zündapp X25 von `84, Fäb eine KTM Foxi von `83 und Manuel eine Piaggio Si von `84 oder eine Piaggio Ciao „Kommt darauf an welche gerade anspringt.“.
Wenn man das Headquarter der Wild2Stroke betritt, in dem Fall die Garage von Bob, wird man erstmal ein bisschen in der Zeit zurückgeworfen.
Begrüßt wird man wie es sich gehört, mit einem Bierchen in der Hand. Jeder trägt seine eigene Jeanskutte. Links stehen drei Mofas auf Hochglanz poliert, direkt unter einer Riesen Holztafel mit dem Logo der Wild2Stoke und unzähligen Stickern von befreundeten Mofa-Clubs. Auf einer hydraulischen Werkbank steht eine ziemlich in die Jahre gekommene Hercules Prima 5 von `82. In der Mitte der Garage findet sich die „gemütliche Ecke“, bestehend aus einem Autositz, einem kleinen Sofa, einem Beistelltisch aus einem schwedischem Möbelhaus und selbstverständlich einem Kühlschrank, gefüllt mit feinstem Astra. Hinten rechts steht unter Kartons versteckt ein wahres Schätzchen, ein komplett zerlegter Mini. „Der sollte vom Alter her eigentlich auch in euer Magazin passen“ erklärt Mario, der von allen nur Bob genannt wird. In der kompletten Garage verteilt stehen Werkstattwagen, Werkzeugkoffer, Regale voll mit Ersatzteilen und hier und da findet man dann auch noch andere Anbauteile.
„Hier auf der Werkbank steht unser neues Projekt.“ Bob deutet auf die Hercules „Die habe ich über einen Bekannten für 400, — € geschossen. Da muss aber noch einiges dran gemacht werden. Heute wollen wir den Motor ausbauen und zerlegen. “
Gesagt getan. Mit nur wenigen Handgriffen ist erstmal der Tank abgebaut. Als nächstes muss der Auspuff daran glauben, der mit genau so wenig Handgriffen abmontiert ist. Dann geht es direkt an den SACHS 505/2B Motor. Zuerst werden der Seilzug für den Luftklappenhebel und der Seilzug für die Schaltung demontiert. Während Bob am Motor die einzelnen Seilzüge und Schläuche löst, schraubt Fäb die Gegenseite am Lenker ab. Wenige Minuten später liegt der Motor dann auch schon auf dem Tisch und die „OP am offenen Herz“ kann starten.
Erstmal müssen durch die Witterung „festgebackene“ Schrauben mit dem Hammer gelockert werden. Mit Schlagschrauber, Ratsche und verschiedenen Maulschlüsseln geht es dann ans Zerlegen. Hier zeigt sich, dass Bob im privaten Leben gelernter KFZ-Meister ist. Jeder Handgriff sitzt und Stück für Stück zerfällt der Motor in seine Einzelteile. Zur Überraschung von allen ist der Motor in einem besseren Zustand als Anfangs gedacht. Teilweise mag man ihm zwar sein Alter ansehen, aber der Kolben und besonders die Ankerplatte sind so gut in Schuss, dass sich alle einig sind „Die wurden in den letzten Jahren irgendwann mal ausgetauscht.“ Nach dem Zerlegen der Kupplung geht es weiter zum Kickstarteranschlag, der zwar erst ein paar Probleme macht aber nach einem ZwiBie (Zwischen-Bier) läuft das ganze dann schon fast reibungslos. Um an das Innere des Motors zu gelangen, müssen dann 15 Zylinderschrauben gelöst werden „Natürlich habe ich irgendwo eine vergessen. Ist doch immer so.“ kann Fäb vorhersehen. Und genau das ist der Fall. 14 Schrauben sind lose, aber unter einer dicken Schicht Dreck, Öl und anderem Undefinierbarem findet sich dann die letzte Schraube.
Mit einem Schraubenzieher und ein paar gezielten Hammerschlägen liegt der Motorblock dann zweigeteilt auf dem Tisch. Nach genauer Begutachtung entschließt man, den Motor nicht komplett auszutauschen, sondern nur ein paar Teile zu ersetzen und später wieder zu verbauen. Das Projekt Hercules Prima 5 soll im Sommer 2021 abgeschlossen sein „Da stecken wir locker noch mindestens 600, — € rein. Die Arbeitsstunden kann man da jetzt gar nicht genau beziffern.“ Alles in allem hat das ganze Prozedere jetzt ca. 45 Minuten gedauert. Jetzt beginnt der Hauptteil. Das gemütliche Beisammensitzen, quatschen und Bierchen trinken. „Der Fokus liegt bei uns eher auf dem gemütlichen Beisammensein. Und da werden halt anfallende Arbeiten an den Maschinen erledigt.“ erklärt Fäb. Wenn das Wetter wieder besser wird, wird auch wieder mehr an den Mofas geschraubt „eigentlich kann man sagen, Faustformel ist: drei Stunden schrauben, eine Stunde fahren“ ergänz er.
Wenn man mal einen Abend bei den Jungs von Wild2Stroke verbracht hat, ertappt man sich schnell, wie man auf verschiedenen Onlineplattformen nach der ersten eigenen Maschine sucht und das Verlangen spürt, gleich wieder auf den Bock zu steigen und seine Runden zu drehen. „Macht halt Spaß mal mit rund 30 km/h durch die Gegend zu krachen. Und der Kick die ganze Zeit, dass jederzeit wieder irgendwas am Mofa ist, gehört halt mit dazu. Dafür machen wir das Ganze hier.“
Technische Daten Motor
Typ: SACHS 505/2 BX
Bauart: Einzylinder-Zweitakt-Ottomotor
Hubraum: 49 cm³
Leistung: 1,1 kW (1,5 PS) bei 4.000 U/min
Getriebeschmierung: 300 cm³ SACHS-Getriebeöl bzw. SAE 80
Zündung: BOSCH-Magnetzünder-Generator 6 V 17 W
Vergaser: BING Ø 10 mm. BING-Bez. 85/10/101 ATechnische Daten Hercules
Typ: Mofa Prima 5 mit 2-Gang Handschaltung
Rahmen: Rohrrahmen
Vorderradfederung: ungedämpfte Teleskopgabel je Holm 30 g BP Fließfett FG 0
Hinterradfederung: Schwinge mit Federbeinen
Bremsen vorn/hinten: Alu-Gußrad mit 90 mm Bremstrommel-Durchmesser
Antriebskette: 1 x 12,7 x 4,88 x 104 Glieder
Hinterradzahnkranz: 47 Zähne
Kraftstoffbehälter: Inhalt 4,5 Liter, davon ca. 0,5 Liter Reserve
Normverbrauch: 1,6 Liter / 100 km
Steigfähigkeit: 34 %