Der Rolls-Royce-Geschäftsbereich Power Systems hatte seine mobilen mtu-Gasmotoren für Schiffsantriebe erstmals im September 2016 auf der Schifffahrtsmesse SMM in Hamburg vorgestellt. Die ersten Vorserienmotoren dieses Typs für den Schiffsbetrieb wurden bereits Ende 2017 an die Werft Strategic Marine in Vietnam für zwei Katamarane der niederländischen Reederei Doeksen ausgeliefert. Im Sommer 2020 hat die erste der beiden Passagierfähren der Rederei Doeksen, die Willem Barentsz, ihren Betrieb aufgenommen, im Januar 2021 Schwesterschiff Willem de Vlamingh.
Nachhaltige Antriebe für Naturschutzgebiet Wattenmeer
„Auch wenn weltweit gerade die Corona-Pandemie im Fokus steht, dürfen wir die Umwelt nicht vergessen. In der maritimen Industrie brauchen wir nachhaltige Lösungen, die die Schadstoffemissionen reduzieren. Ich freue mich, dass wir nun bereits die zweite LNG-Fähre in unsere Flotte aufnehmen können“, erklärt Dirk Spoor, CEO der Reederei Doeksen.
Die neue, 70 Meter lange Fähre besteht genau wie ihr Schwesterschiff komplett aus Aluminium. Dadurch ist sie leichter und verbraucht weniger Kraftstoff als konventionelle Fähren. Die 16-Zylinder-mtu-Gasmotoren der Baureihe 4000 bringen eine Leistung von 1492 kW auf, die Fähre kann eine Höchstgeschwindigkeit von 14 Knoten erreichen. Die bestehende Flotte kann die Verstärkung gut gebrauchen – jährlich möchten rund 800.000 Menschen von Harlingen auf dem niederländischen Festland bis zu den rund 30 Kilometer entfernten Inseln Vlieland und Terschelling auf der Nordsee im Naturschutzgebiet Wattenmeer hin und zurückbefördert werden.
Betrieben wird das Schiff zunächst mit flüssigem Erdgas (LNG), die Reederei sieht das als eine Art Übergangsbrennstoff. Zukünftig – sobald die notwendige Infrastruktur dafür geschaffen ist – möchte sie auf nachhaltigeres Bio-LNG oder LBG (Liquified Bio Gas) umsteigen. Ein Restwärme-Rückgewinnungssystem sorgt bereits jetzt dafür, dass die Wärmeenergie sowohl aus dem Kühlsystem des Motors als auch aus den Abgasen genutzt wird. Zwei Orcan-Einheiten liefern zudem den gesamten elektrischen Energiebedarf des Bugstrahlrudersystems und decken einen Teil des normalen elektrischen Bedarfs an Bord.
Die Stadtwerke Konstanz erhielten Ende 2019 die ersten Gasmotoren der 8-Zylinder-Version mit einer Leistung von 746 Kilowatt für eine neue Bodenseefähre, die Ende 2021 in Betrieb genommen wird.
Rolls-Royce liefert mtu-Gasmotoren für weltweit ersten LNG-Schlepper mit Hybridantrieb
Zwei mtu-Gasmotoren des Typs 16V4000M55RN lieferte Rolls-Royce an Sembcorp Marine Integrated Yard für den Bau des weltweit ersten Schleppers mit LNG (Liquefied Natural Gas)-Hybridantrieb. Der Hafenschlepper wird in Singapur von Jurong Marine Services, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft von Sembcorp Marine, betrieben. Der neue LNG-Hybridschlepper ist der erste von 12 Schleppern, die Sembcorp Marine plant, zu entwerfen und zu bauen, um die bestehenden dieselbetriebenen Schlepper in den Jahren bis 2025 zu ersetzen.
Dies ist weltweit der erste LNG-Hybridschlepper, der mit mtu-Gasmotoren angetrieben wird. Der LNG-Hybridschlepper wurde von LMG Marin (Norwegen), Teil der Sembcorp Marine-Gruppe, für die Lieferung von 65 Tonnen Pfahlzug mit ABS-Klasse konstruiert und wird voraussichtlich im späteren Verlauf des Jahres 2021 fertig gestellt sein. Das Hauptantriebssystem des Schleppers besteht aus zwei 16-Zylinder-Gasmotoren der mtu-Baureihe 4000, die zusammen eine Gesamtleistung von 2.984 Kilowatt bei 1.600 Umdrehungen pro Minute (U/min) liefern werden. Die neuen Gasmotoren sind in der Lage, vergleichbare Leistungen wie ein schnelllaufender Dieselmotor zu erbringen. Das LNG-Hybrid-Antriebssystem wird in der Lage sein, flexibel auf verschiedene Betriebsmodi einzugehen und zwischen emissionsarmen LNG-Motoren und emissionsfreier Batterieleistung umzuschalten.
Verbrennungskonzept ermöglicht Einhaltung der IMO-III-Abgasnorm ohne Abgasnachbehandlung
Der neue 16-Zylinder-Gasmotor basiert auf dem bewährten mtu-Dieselmotor 16V 4000 M63 für Arbeitsschiffe. Besonders geeignet ist er für Schlepper, Fähren, Schubboote und Spezialschiffe wie Forschungsboote. Kraftstoffverbrauch, Emissionen, Sicherheit und Beschleunigung waren von Beginn an im Fokus der Entwicklung. Die neuen mtu-Gasmotoren werden mit einer Multipoint (Mehrpunkt)-Gaseindüsung, einer dynamischen Motorsteuerung und einer weiterentwickelten Turboaufladung ausgestattet. Die Multipoint-Gaseindüsung sorgt für ein dynamisches Beschleunigungsvermögen, eine gesteigerte Leistung sowie eine Reduzierung der Emissionen. Das Verbrennungskonzept ermöglicht die Einhaltung der IMO-III-Abgasnormen ohne zusätzliche Abgasnachbehandlung. Die geregelte Verbrennung sorgt auch für einen effizienten Kraftstoffeinsatz. Dank der doppelwandigen Ausführung des Gassystems kann der Maschinenraum dieselähnlich ausgeführt werden.
Gasmotor Teil des Green- und Hightech-Programms von Rolls-Royce
Der mobile mtu-Gasmotor unterschreitet die Grenzwerte der aktuellen Emissionsrichtlinie IMO III (weltweit gültig in Emission Controlled Areas, wie Küste von USA und Kanada, Nord-/ Ost-See ab 2021) bereits ohne Abgasnachbehandlung erheblich – so liegt z.B. die Partikelmasse unter der Nachweisgrenze. Er stößt keine Schwefeloxide aus und nur geringe Mengen an Stickoxiden.
Der neue Gasmotor ist Teil des Green- und Hightech-Programms von Rolls-Royce. Damit investiert das Unternehmen gezielt in umweltfreundliche Zukunftslösungen für weniger Schadstoffausstoß und geringeren Energie- und Rohstoffverbrauch. Rolls-Royce konzentriert sich im Green- und High-Tech-Programm auf Effizienzsteigerung, alternative Kraftstoffe, Elektrifizierung, Digitalisierung und integrierte Systemlösungen, mit dem Ziel, gesamte Antriebs- und Energie-Erzeugungssysteme anzubieten.