Die Ehre, in einem der wichtigsten Kunstmuseen dieser Erde zu stehen kam posthum, genauer gesagt, 21 Jahre nach Produktionsende. Diese Unvergänglichkeit adelte eine automobile Skulptur, die durch die Ölkrise 73/74 ein unvermitteltes Aus erfuhr. Die Produktionszahlen gingen damals regelrecht in den Keller und man entschloss sich, die Ikone aus dem Programm zu nehmen. Eine letzte Sonderedition, limitiert auf 50 Roadster-Exemplare in schwarz und mit Rechtslenkung verließ 1975 das Werk in Browns Lane.
Begonnen hatte alles 1961, mit der Vorstellung des Jaguar E-Type auf dem Genfer Auto-Salon. Er war als zwei- und 2+2-sitziges Coupé und als zweisitziger Roadster erhältlich. Eine aufsehenerregende Neuerung des E-Type war die hintere Doppelquerlenkerradaufhängung an einem eigenen Hilfsrahmen mit einem Längslenker und zwei Feder-Dämpfer Einheiten mit den Antriebswellen als oberen Querlenkern. Für die recht konservative britische Automobilindustrie war diese fortschrittliche Bauweise ein Meilenstein. Ausgeliefert wurde der E-Type mit einem Sechszylinder-Reihenmotor mit 3781 cm³ und 269 bei 5500/min PS. Diese für damalige Verhältnisse enorme Kraft wurde mittels eines Viergang-Getriebes auf die Hinterräder verteilt und der Vortrieb endete erst, als die Spitzengeschwindigkeit von 240 km/h erreicht war. Einzel-Brennräume und ein langer Zylinderhub sorgten zudem auch bei niedrigen Drehzahlen für das ordentliche Drehmoment von 353 nm bei 4000/min. Damit war der klassische Spurt von 0 auf 100 km/h in ungefähr 7 Sekunden absolviert. Mit diesen Daten spielte der E-Type in einer Liga mit den großen Supersportwagen jener Ära. Verglichen mit den Konkurrenten Ferrari und Maserati war er allerdings in der Anschaffung mit einem Preis von 5.580 Dollar (1963) fast schon günstig. Beliebtheit erlangte die Katze mit der lange Schnauze vor allem bei der damaligen Prominenz. Von Brigitte Bardot über Elton John und George Harrison bis hin zu Frank Sinatra, sie alle besaßen einen E-Type. Von Enzo Ferrari aber gab es den verbalen Ritterschlag, er bezeichnete das von Malcom Sayer gestaltete Fahrzeug als „das schönste Auto aller Zeiten“. Auch verpasste Chancen gehören zu einem bewegten Autoleben: Sir William Lyons, der Gründer der Marke Jaguar soll sich seinerzeit geweigert haben, drei E-Type an das Filmset von James Bond zu liefern, weil die Warteliste aus Hollywood so lang war. Dementsprechend stieg Sean Connery damals in den Aston Martin DB 5. Der Rest ist Geschichte.
Die zweite Serie des Jaguar E-Type wurde ab 1968 ausgeliefert- ein Grund für die Überarbeitung des Modells waren vor allem die strengeren Sicherheitsbestimmungen in den USA, so fielen beispielsweise die Scheinwerferabdeckungen weg, die Kühleröffnungen wurden vergrößert, neue Blinker und einige andere Details verändert und angepasst. Im Jahr 1964 bohrte man den 3,8-Liter-Reihensechszylinder-Motor auf 4,2 Liter (4235 cm³) auf, damit besaß er ein maximales Drehmoment von 384 nm bei 4000/min bei gleicher Motorleistung (269 PS/197,6 kW bei 5400/min). Zudem wurde anstelle der Moss-Box mit ihrem unsynchronisierten ersten Gang und langen Schaltwegen ein voll synchronisiertes, von Jaguar selbst entwickeltes Viergang-Schaltgetriebe verwendet. 1966 kam der 2+2 hinzu, ein Coupé mit längerem Radstand und zwei Notsitzen im Fond. Erstmalig gab es für dieses Coupé eine BorgWarner Dreigang-Automatik.
Die finale Version und damit die Serie 3 trat 1971 auf den Plan. Jaguar präsentierte den ersten Großserien-Zwölfzylinder mit Leichtmetallblock. Der E-Type mit Zwölfzylinder war das erste Fahrzeug der Marke, das in den USA debütierte und nicht in Europa. Der gänzlich neu entwickelte 5,3-Liter-(5343 cm³)-V12-Motor mit einer Leistung von 276 PS (203 kW) bei 5850/min und einem maximalen Drehmoment von 412 nm bei 3600/min ging entwicklungstechnisch bis ins Jahr 1935 zurück. Allerdings litten Agilität und Leistung, die den E-Type zu Beginn der Baureihe ausgezeichnet hatte, unter der großen Maschine. Die dritte Serie konnte dadurch nicht an die Erfolge der ersten beiden Serien anknüpfen, die Verkaufszahlen blieben hinter den Erwartungen zurück. Zudem wurde jetzt der Radstand des 2+2 für den Roadster übernommen und die Produktion des kurzen Coupés eingestellt. Trotzdem war der E-Type mit über 72.000 gebauten Einheiten in 14 Jahren der bis dahin meistgebaute Supersportwagen.
Bis heute pflegt Jaguar den Mythos des E-Type. 2014 legten die Briten den Lightweight von 1963 wieder auf, in dem sie sechs damals nicht genutzte Chassis-Nummern an neu aufgebaute Exemplare vergaben. Speziell für den Rennsport konstruierte Jaguar im Winter 1962/63 eine leichtere Version des E-Type, die die Bezeichnung Lightweight erhielt, da die Karosserie aus Aluminium gefertigt war. Die Lightweight-Serie war als limitierte Auflage von 18 Exemplaren konzipiert, wurde aber aus unbekannten Gründen nach zwölf Fahrzeugen eingestellt. Die fehlenden sechs Lightweights wurden nach den originalen Konstruktionsplänen von 1963 gebaut und mit den Chassisnummern 13-18 versehen. Das 3,9 Liter große Alu-Triebwerk wird durch drei Weber-Doppelvergaser oder optional mit einer mechanischen Direkteinspritzung mit Benzin und Luft versorgt. 340 PS und 380 Newtonmeter maximales Drehmoment sorgen somit für viel alte neue Fahrfreude. Einzig der wahnwitzige Preis von 1,5 Millionen erzeugte leichte Schnappatmung. Aber nur ganz kurz, dann waren alle sechs verkauft.