Sie treiben Superyachten an und Muldenkipper, Lokomotiven und Schleppschiffe, Fähren oder Stromaggregate – die Motoren der Baureihen 4000 und 2000 sind in ihrer Vielfältigkeit unerreicht. Doch gibt es DIE Motoren dieser Baureihe eigentlich? Oder sind es nicht alle Unikate?
DIE Baureihe 2000 und DIE Baureihe 4000 – jeder verbindet seine Geschichte mit ihr. Sie ist leistungsstark, zuverlässig, erfüllt geltende Emissionsanforderungen und verbraucht wenig Kraftstoff. Mehr als 100.000 Motoren der beiden mtu-Baureihen hat Rolls-Royce Power Systems in den vergangenen 25 Jahren schon verkauft. Und fast alle waren unterschiedlich.
Denn von DEM 2000er oder DEM 4000er-Motor kann man nicht sprechen. Stattdessen gleicht kaum ein Motor dieser Baureihen dem anderen – jeder Motor ist genau auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden und seiner ganz speziellen Anwendung zugeschnitten.
Eigentlich sind bei den Motoren nur die großen Teile wie Kurbelgehäuse, Kurbelwelle oder die Schwungradgehäuse identisch, oder sagen wir sehr ähnlich, denn schon da gibt es Unterschiede. Die Motoren einer Baureihe haben noch etwas gemeinsam: Bei der Markteinführung im Jahr 1997 hatten sie einen Hubraum von etwas über zwei bzw. über vier Litern pro Zylinder – daher die Baureihenbezeichnung 2000 und 4000. Heute liegt dieser mit 2,23 und 4,77 Litern höher. Doch schon dann muss man anfangen, die Motoren zu unterscheiden.
Anforderungen machen den Unterschied
Motoren, die Schiffe antreiben, brauchen beispielsweise ein ganz anderes Kühlsystem als Motoren, die Muldenkippern ihre Kraft geben. Schiffe haben ein sogenanntes Zweikreiskühlsystem und nutzen das Wasser, in dem die Schiffe fahren, um die Motoren zu kühlen. Motoren für Muldenkipper oder Lokomotiven dagegen führen die Abwärme an die Umgebungsluft ab und benötigen daher entsprechend große Kühlanlagen. Auch die Sicherheitstechnik der Motoren ist eine andere. Die Oberflächentemperatur
von Schiffsmotoren darf nicht höher sein als 220 Grad Celsius, das schreiben die Zertifizierungsbehörden vor. Und Schiffe fahren – bis auf einige Ausnahmen – meistens auf Meereshöhe, ganz anders als Muldenkipper. Die Minen, in denen sie ihre Arbeit verrichten, liegen häufig in einigen Tausend Metern Höhe, dort ist der Sauerstoffgehalt in der Luft viel geringer. Außerdem müssen die Motoren viel robuster gegen Umwelteinflüsse sein, denn in den Minen kann es extrem kalt, warm oder staubig sein. Bei einem Motor, der Stromaggregate antreibt, kommt es dagegen vor allem darauf an, schnell auf Touren zu kommen. Notstromaggregate haben nur einige Sekunden Zeit, um ihre volle Leistung zu erreichen. Und noch etwas bestimmt ganz entscheidend die Abstimmung eines Motors: die Zeit, die zwischen zwei Grundüberholungen vergehen darf. Bei einem 4000er Yachtmotor, dem oft aller höchste Leistung abverlangt wird, liegt diese bei 22.000 Stunden. Ein 4000er für Schlepper mit seinem völlig anderen Einsatzprofil muss dagegen 54.000 Stunden durchhalten, bis er überholt wird.
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal der Motoren sind die Emissionsgrenzwerte, die diese erfüllen müssen. Denn die Vorgaben der Zertifizierungsbehörden sind weltweit und je nach Anwendung unterschiedlich. Die Ingenieure von Rolls-Royce Power Systems haben daher einen Technologiebaukasten entwickelt. Dieser besteht aus einem ganzen Bündel von Technologien, mit denen man verhindern kann, dass Schadstoffe entstehen, bzw. in die Atmosphäre gelangen.
Eigenes Motorkonzept für jeden Einsatzzweck
Aus diesen Bausteinen, gepaart mit denen, die sich durch die Anforderungen der einzelnen Anwendungen ergeben, haben die Ingenieure in den vergangenen Jahrzehnten immer neue Varianten für die verschiedenen Einsätze der Motoren entwickelt. Im Jahr 2010 kam beispielsweise der erste mtu-Motor auf den Markt, der serienmäßig mit einem Dieselpartikelfilter ausgestattet wurde. Somit erfüllte dieser die europäische Abgasstufe IIIB. Ein Jahr später feierte auch die SCR-Anlage ihre Premiere zur Abgasnachbehandlung von mtu-Motoren. Sie macht in Aggregaten zur Stromerzeugung die Stickoxide unschädlich. Heute sind auch Schiffsmotoren der aktuellen Emissionsstufen nur noch mit SCR-Anlage erhältlich.
Kundenanforderungen führen zum wahren Unikat
Doch mit der technologischen Entwicklung der Motoren hört die Arbeit nicht auf. Denn jetzt gibt es zwar einen Motor, der perfekt für Züge, Muldenkipper oder Schiffe geeignet ist – doch jetzt kommen die Anforderungen der Kunden ins Spiel. Jede Lokomotive, jedes Schiff oder jeder Muldenkipper, in denen ein 4000er-Motor eingebaut werden soll, ist anders. Hier beginnt die Arbeit der Anwendungsingenieure. Sie müssen nun den mit den Technologiebausteinen der Baureihe 4000 zusammengesetzten Motor genau auf die Anforderungen des Kunden zuschneiden. Welche Traktionsart wünscht der Kunde? Handelt es sich um einen dieselelektrischen Antrieb, bei dem der Dieselmotor einen Elektromotor antreibt? Oder treibt der Dieselmotor direkt an? Welche Zurüstteile sind notwendig? Welcher Bauraum steht zur Verfügung? Welche Anschlüsse sind notwendig? Fragen über Fragen, die in monatelanger, teils jahrelanger Arbeit geklärt werden müssen.
Immer häufiger kommen die Motoren der Baureihen 2000 oder 4000 auch in ganzen Systemen wie Hybrid-Antriebssystemen oder Microgrids zum Einsatz. Hier müssen sie dann nicht nur den Anforderungen des Kundeneinsatzes entsprechen, sondern auch im Zusammenspiel mit anderen Komponenten zur Antriebsund Energieerzeugung zuverlässig laufen. Auch der Einsatz digitaler Komponenten wird immer häufiger. Mit ihnen können Kunden, die ihre Daten an die mtu-Plattform mtuGo senden, ihre Flotten überwachen und verwalten. All diese Anpassungsschritte machen mtu-Motoren der Baureihen 2000 und 4000 dann zu den Motoren, die genau zu den Anforderungen des Kunden passen.