Wer sich im Bereich Motorsport bewegt und interessiert, der kommt früher oder später einfach nicht am Tractorpulling vorbei. Hier gehen Traktoren besonderer Bauarten, besondere Tüfteleien und unbändige Leistungslevel an den Start. Dieser Sport findet seinen Ursprung weit zurück im bereits in den 1930er Jahren entstandenen „Horse-Pulling“. Was einst das stärkste Pferd im Stall, wurde durch die Mechanisierung zum Entscheid über den leistungsstärksten Traktor.
Das Ziel: Den angehängten Bremswagen, oder auch Bremsschlitten genannt, mit dem darauf angebrachten und sich im Verlauf des Pulls vorschiebenden Gewicht über die vorgegebene Strecke von 80-100 Metern zu ziehen.
Die Herausforderung: Die auf die Zugmaschine zugehende und damit immer schwerer werdende Last zuverlässig von Start nach Ziel zu bewegen, ohne im lehmig-festen Boden stecken zu bleiben. Einmal stehen geblieben drückt das Gewicht so stark auf die Zugpunkte, dass ein wieder anfahren eigentlich unmöglich wird. Neben der richtigen Reifenwahl, der bestmöglichen Balance des Fahrzeugs und dem ohne Zweifel notwendigen Feingefühl und Können des Fahrers, zählt aber vor allem eines: Die Kraft aus den Zylindern! Das Team des Flying Hawk hat sich dieser Aufgabe im Jahr 2001 mit Hingabe und Enthusiasmus angenommen. Maximale Leistung aus Fahrer und Fahrzeug heraus kitzeln, das Gespann über die volle Distanz ins Ziel bringen. Begonnen hat das Team um Michael Dickmann und Christian Konz mit einem heute vergleichsweise kleinen Traktor. Ein IHC Typ 1046 war das Mittel der Wahl. Ausgestattet mit rund 100 PS zuzüglich einer kleinen Leistungssteigerung wurden von Anfang an direkt zahlreiche Wettkämpfe bestritten und es wurde schon im Laufe der ersten Saison schnell klar: In den Standardklassen werden wir nicht glücklich. Wir wollen mehr!
Es ist wohl auch kaum notwendig zu erwähnen, wie viele Nächte, Kopfschmerzen und finanzielle Mittel im Laufe der Jahre in dieses Hobby eingeflossen sind. Christian Konz sagt uns direkt zum Einstieg ins Gespräch ganz deutlich: „Euch ist aber klar, wir sind nur Amateure!“. – Amateure? Vielleicht nach Reglement oder Klassifizierung, das mag sein. Aber wir würden hier vermutlich eher einen Ausdruck wie „Spezialisten“ verwenden.
Über die vielen Jahre gab es diverse Entwicklungsstufen der einzelnen angeschafften Traktoren, es wurde experimentiert, optimiert und immer wieder verbessert. Der IHC bekam weitere Gefährten an die Seite. Größer, schneller, lauter.
Und heute?
Aus einem „einfachen“ Traktor ist inzwischen ein wahres Ungetüm geworden. Vor uns steht kein Serienmodell mit Anpassungen, sondern eine komplette Eigenkonstruktion aus kaltem, hartem Stahl, stellenweise leicht bedeckt von etwas GFK zum Schutz von Material und Zuschauern, und auch, um dem Ganzen etwas optischen Chick zu verpassen. Zwei Grundmotoren der Marke Continental V12 Typ AV1790, ehemals vorgesehen für den Betrieb in Panzern, für ihren neuen Einsatz nun verfeinert mit etlichen Modifikationen, sitzen auf dem Rahmen und warten darauf, die Reifen in den Lehmboden zu pressen. Ihr habt richtig gelesen. 24 Zylinder treiben dieses Gefährt an. 24 Zylinder mit einem Bohrungsdurchmesser von 146 mm. Jeder dieser 12-Zylinder-Motoren bringt von Haus aus also schon den beeindruckenden Hubraum von 29.361 ccm mit. Diese Grundleistung wird dank Eigenbau-Drosselklappen und Kupplungssystem, elektronisch geregelter Saugrohreinspritzung mit selbst hergestellten Einspritzdüsen an einer Enderle 1270 Pumpe, elektronischer Zündung und noch einigen anderen Umbauten noch zusätzlich deutlich verstärkt.
Doch damit nicht genug. Als wäre das nicht schon eine Art Superlativ für sich selbst, entschied man sich zur zusätzlichen Leistungssteigerung für die Anbringung eines Pro-Charger Laders. Dies ist aber kein klassischer Abgas-Turbolader. Hierbei handelt es sich um einen mechanisch angetriebenen, an der Antriebsseite angebrachten Lader. Man könnte ihn (sehr vereinfacht gesagt und technisch auch anders aufgebaut) eher mit einem Kompressor-System in Vergleich setzen. Der Pro Charger F-3R-136 mit seinem ebenfalls selbst entwickelten und gebauten Freilauf Antrieb verpasst dem Motor den letzten Schliff.
Alles in allem stehen hier nun rund 3,5 Tonnen Fahrzeug bereit und wollen ihre gut 5.000 PS in Bewegung bringen.
Jeder einzelne Lauf ist ein Spektakel für Zuschauer und Freunde des Motorsports. So etwas bekommt man wahrlich nicht alle Tage zu sehen.//