Das VDBUM-Großseminar 2024 stand unter dem Motto „Menschen – Maschinen – Machen“. Dies nahmen viele Redner:innen mit wertschätzenden Erläuterungen in ihre Ausführungen auf. Vor allem ein Satz war immer wieder zu hören – in der Podiumsdiskussion, den Abendveranstaltungen, dem Vortragsprogramm oder bei Gesprächen in der begleitenden Fachausstellung: “Einfach machen!“ Er spiegelt bestens die positive Stimmung wider, die vom 30. Januar bis 2. Januar im Kongresszentrum Sauerland Stern Hotel in Willingen herrschte.
Für viele der mehr als 1.100 Teilnehmenden ist der Besuch des jährlichen Fitnessprogramms für Führungskräfte längst zu einer Art Familientreffen geworden. Der Verband der Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik e.V. (VDBUM) als Veranstalter konnte sich in diesem Jahr aber auch über einen hohen Anteil von Teilnehmenden freuen, die erstmals dabei waren. Ihr Anteil lag bei 25 %.
Erstmals fand die Eröffnungsgala im neuen Format als Lounge Talk mit Moderatorin Alexandra von Lingen, VDBUM-Präsident Peter Guttenberger und den drei Schwerpunktpartnern statt. Ein sehr gelungener Auftakt, bei dem Rudolf Arnold, Geschäftsführer der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH, Marco Maschke, Leiter des Deutschlandbüros bei Komatsu Europe International und Bernd Holz, Geschäftsführer der Ammann Verdichtung GmbH, Einblicke in ihre jeweilige Baumaschinen-Herstellerwelt gaben. Die Ausführungen der drei Branchenexperten waren äußerst informativ und sendeten eine klare Botschaft, was die Besuchenden in den Fachvorträgen der Schwerpunktpartner erwarten werde.
Der Ehrengastvortrag „Entscheidungen unter Druck“ mit wirklich sehr tiefen Einblicken in die Entscheidungsfindungen von Fifa- bzw. Bundesliga-Schiedsrichtern durch Deniz Ayketin war eine Symbiose aus hochklassiger Unterhaltung und Wissenstransfer. Ayketins Worte und Darstellungen kamen bei den Gästen der Eröffnungsveranstaltung sehr gut an und sorgten in den nachfolgenden Tagen immer wieder für
Gesprächsstoff in Fachvorträgen und den vielen Netzwerkgesprächen.
Unterschiedliche Sichtweisen ergänzen sich
Die Podiumsdiskussion am Mittwochmorgen stand unter dem Motto „Was bedeutet der Arbeits- und Fachkräftemangel für den Unternehmensstandort Deutschland?“ und konnte die Erwartungen mehr als erfüllen.
Kurzweilig führte Alexandra von Lingen durch die 90-minütige Gesprächsrunde. Dabei traten sehr unterschiedliche Sichtweisen zu Tage, die sich jedoch nicht als Widerspruch darstellten, sondern sich ergänzten, sodass am Ende die Erkenntnis stand: Wir müssen es einfach machen!
Barbara Hagedorn, Geschäftsführerin der Hagedorn-Unternehmensgruppe lebt dieses `jetzt anfangen, einfach machen´. Das zeigt etwa die von ihr ins Leben gerufene Kampagne „Frau am Bau“. Es gelte, so Barbara Hagedorn, nicht immer an große Lösungen zu denken und diese für die Zukunft aufbewahren, sondern kleine Schritte sofort umzusetzen und weiterzuentwickeln. Der Schlüssel zum Erfolg bestehe darin, jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen Wertschätzung spüren zu lassen, denn sie seien es, die das Unternehmen erfolgreich machen.
Dr. Tina Müller (TLGG-Denkfabrik) erklärte, dass der digitale Wandel die gesamte Baubranche über die nächsten zehn bis 15 Jahre begleiten wird. Die gesamte Wertschöpfungskette müsse sich verändern. Dies wiederum erfordere eine andere Form der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitenden. „Dabei müssen wir vieles neu denken! Jüngere Generationen fordern Nachhaltigkeit und einen Veränderungswillen als Purpose von Unternehmen“, so Dr. Tina Müller.
Nadine Hellmold (Co-Check) erinnerte daran, dass Adolph Freiherr Knigge bereits vor 200 Jahren die industriellen und gesellschaftlichen Veränderungen als Anlass für sein bekanntestes Buch „Über den Umgang mit Menschen“ genommen hat. „Auch für uns sind gegenseitige Wertschätzung, Respekt innerhalb der digitalen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Veränderungen, ein extrem wichtiger Baustein für die Bindung und Gewinnung von Mitarbeitenden“ fasste Hellmold zusammen.
Florian Semmler (mediapool) rief dazu auf, das Recruiting der Zielgruppe anzupassen und nicht wie bisher umgekehrt. Die Gen Z gehe die kurzen, zeitsparenden Bewerbungswege, sie setze eigene Schwerpunkte für ihre zukünftigen Lebensschwerpunkte. „Dabei sind Einflussfaktoren zu berücksichtigen, die vor wenigen Jahren in Bewerbungsgespräche undenkbar waren.“ Semmler wies darauf hin, dass schon der nächste Wandel ins Haus stünde: “In ein bis zwei Jahren erwarten wir die Generation Alpha und werden wieder neue Veränderungen denken müssen. Nur wer die Bedürfnisse der Generationen erkennt, wird im Kampf um die talentiertesten und besten Köpfe für handwerkliche, digitale oder Führungsaufgaben erfolgreich sein“, bekräftigte Semmler.
Dr. Volker Müller, Geschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen e.V., führte aus, dass für die meisten Unternehmen die digitale Transformation zur Unternehmensentwicklung gehöre. Die Frage sei: Wie steht es um die Verwaltungen der öffentlichen Hand? Die Lücke werde immer größer und genau hier bestehe aktuell der größte Nachholbedarf. Die Bürokratie und ihr schleppender Abbau sei ein weiterer Hemmschuh für die Geschwindigkeit und Entwicklung unserer Wirtschaft. Mitarbeitende würden in beruflichen Aufgaben in Unternehmen und in der Verwaltung keinen Sinn und Erfolg ihrer Arbeit erkennen, wenn digitale Abläufe nicht genutzt werden, Vorschriften der Vorschrift willen umgesetzt werden müssen und Verzögerungen in gut geplanten Prozessen nicht verständlich seien. „So schaffen wir keine attraktiven Arbeitsplätze.“ Dr. Volker Müller erinnerte daran, dass ab 2024 erstmalig mehrere Hunderttausend Arbeitsnehmer:innen mehr in den Ruhestand wechseln werden und Neue in das Berufsleben einsteigen werden. Ohne Zuwanderung werde dieser gesellschaftliche Wandel nicht funktionieren. Integration in Unternehmen und Verwaltungen gelinge jedoch nur, wenn praxisnahe Einwanderungsgesetze in Abstimmung mit der Wirtschaft und gesellschaftlich relevanten Gruppen umgesetzt werden. „Wir brauchen in allen Branchen Dienstleistungsmitarbeitende, Handwerker:innen und Digitalisierungsspezialist:innen. Ohne diese Arbeits- und Fachkräfte ist auch unser Sozialversicherungssytem gefährdet“, warnte der Geschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen.
Peter Guttenberger, Präsident des VDBUM und langjähriger Geschäftsführer der Max Bögl Transport und Geräte GmbH und Co. KG, erklärte, dass die Bauwirtschaft tagtäglich zeige, dass sie die digitale Transformation nutzt um die Prozesse zu beschleunigen. „Die digitalen Anforderungen müssen von allen Generationen in unseren Unternehmen inklusive der Führungskräfte nutzbar sein. Aktuell verlieren wir viel zu viel Zeit und zu viele Mitarbeiterstunden aufgrund fehlender Standards der Daten. Hier sind wir als Bauwirtschaft gefordert – aber auch die Auftraggeber, die oftmals Datenstandards fordern, jedoch bei Ausschreibungen, den Planungen und Auftragsvergaben, dieses selbst nicht umsetzen“, mahnte Peter Guttenberger. Genau an dieser Stelle gebe es ein sehr großes Potenzial, Arbeitszeit einzusparen, um sie in den Unternehmen anderweitig
einzusetzen. „Der VDBUM ist als Weiterbildungsverband seit mehr als einem Jahrzehnt intensiver Verbandsdienstleister für die Nachwuchsgewinnung mit Aktionen wie dem Baumaschinenerlebnistag, dem Azubi-Cup, dem Patenschaftsprogramm für Meisterschüler:innen und Studierende und auch mit Angeboten für junge Führungskräfte in den Arbeitskreisen des Verbandes oder seinem Zukunftszirkel“, sagte Peter Guttenberger und schloss an: „Diese Verbandsarbeit wird der VDBUM beibehalten und in Abstimmung mit unseren Mitgliedern weiter ausbauen.“ Die mehr als 400 Zuhörer:innen erlebten eine kompetente Diskussion und starke Persönlichkeiten, die deutlich aufzeigten, welches „dicke Brett“ die Baubranche, Umwelt- und Maschinentechnik bohren muss und dass es dabei schlussendlich nur darum geht, einfach damit anzufangen – einfach machen, eben!
Sehr gut besuchtes Vortragsprogramm
Die sehr breit und unterschiedlich aufgestellten Fachvorträge in den Themenblöcken „Forschung und Entwicklung“, „Infrastrukturbau“, „Transportlösungen“, „Maschinen und Innovationen“, „Entwicklungen im Kranbau“ und „Werkstattmanagement“ waren stark besucht. Ihre Inhalte wurden in den Netzwerkpausen in der sehr attraktiven Fachausstellung weiter diskutiert.
Bei der Verleihung des 11. VDBUM-Förderpreises begeisterte ein neues Format das Publikum. Die Vorstandsmitglieder Dirk Bennje (Vizepräsident) und Prof. Jan Scholten dankten den Jury-Mitgliedern für ihre umfangreichen Bewertungen und das Zeitinvest über den Jahreswechsel. Sie präsentierten noch vor dem Galabuffet die Förderpreissieger 2024 aus insgesamt 36 nominierten Einreichungen. Sieger der Kategorie „Innovationen aus der Praxis“ wurde der „RBeton 100“ der PST Spezialtiefbau Süd GmbH, den zweiten Platz erreichte der „2-Rad-Lader“ der QuiMo GmbH, den dritten Platz die „Pister PF Baggerpalettengabel“ der Hain GmbH. Die Kategorie „Projekte aus Hochschulen und Universitäten“ gewann die „Mobile GPSSensorik“ der excav UG / Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Hier erreichte die „HoloCrane – Zielorientierte Kransteuerung“ der Technische Universität München, Lehrstuhl für Fördertechnik Materialfluss Logistik den zweiten Platz, Drittplatzierter wurde „SafeCon3D“ der Technische Universität Dresden, Professur für Fluid-Mechatronische Systemtechnik (Fluidtronik). Im Anschluss kamen die Top 3 der von der Jury platzierten Unternehmen der Kategorie „Entwicklungen aus der Industrie“ zum Zuge. Sie präsentierten ihre Innovationen mit
dem Hinweis, dass das Publikum nach dem Essen mit seiner Stimme das Zünglein an der Waage sein wird und per QR-Code auf ein Abstimmungstool geführt wird. Zur Auswahl standen die „Transparente Pull Control für Turmdrehkrane“ von Liebherr sowie der „Baustellen-Drucker Karlos“ von Putzmeister. In einem sehr spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen erreichte Putzmeister am Ende knapp den 1. Platz. Dirk Bennje, Jan Scholten und Peter Guttenberger danken allen Nominierten für ihre Einreichungen und gratulierten den Siegern mit dem jeweiligen Siegerscheck in Höhe von 2.500 Euro.
Bereits am Eröffnungstag wurden die Studierenden des Patenschaftsprogramms sowie die Patenunternehmen von VDBUM-Vorstandsmitglied Prof. Jan Scholten, Wencke Böhling, Kaufmännische Leiterin des VDBUM, sowie VDBUM-Beiratsmitglied Jens Kleinert, begrüßt. Die jungen Leute waren kostenfrei mit Unterstützung zu je 50 % von Patenunternehmen und dem VDBUM über zweieinhalb Tage zur Teilnahme am VDBUM-Großseminar eingeladen. Sie nehmen viele neue Eindrücke, interessante Netzwerkkontakte und hoffentlich auch die Motivationen mit, ihren Berufswunsch in der Baubranche umzusetzen. Alljährlich laufen parallel sowohl in der Meisterausbildung wie auch in den Hochschulen und Universitäten Prüfungen. Trotz dieser Überschneidungen gelingt es immer wieder, bis zu 50 Meisterschüler:innen und Studierende einzuladen. In diesem Jahr konnten aufgrund der Prüfungen keine Meisterschüler:innen dabei sein.
Azubi-Cup mit starkem Finale
Alle zwei Jahre werden Azubis in ganz Deutschland vom VDBUM eingeladen, sich an den „Deutschen Meisterschaften der Baugeräteführer in der Kategorie Simulatoren“ zu beteiligen und sich bei regionalen Meisterschaften für die Finalrunde zu qualifizieren. Mit Unterstützung von Michael Scholz und Yann Eisenbarth (BIK/Acreos) hatte Stefan Schumski, Technischer Projektleiter des VDBUM, mehr als 200 Teilnehmer:innen in den Vorläufen am Start. Zum Großseminar wurden die jeweils besten fünf Teilnehmer:innen eingeladen und während eines Trainingstags auf den Wettbewerb vorbereitet. Mit sehr guten Leistungen einer jungen Dame und 17 jungen Männern fand ein spannender Wettbewerbstag statt. Er gipfelte mit einer den jungen Leuten gegenüber wertschätzenden Siegerehrung auf großer Bühne am dritten Galaabend für alle Teilnehmer:innen, moderiert von den VDBUM-Vorstandsmitgliedern Roland Caillè und Josef Andritzky. Deutscher Meister der Baugeräteführer in der Kategorie Simulatoren wurde Niklas Meyer (Thorsten Bänisch GmbH & Co KG, Oerlinghausen). Vizemeister wurde Tammo Kannegießer (Hermann Jansen Straßen- und Tiefbauunternehmung GmbH & Co KG, Aschendorf). Den sehr guten 3. Platz belegte Maximilian Piehl (Wolff & Müller GmbH & Co KG, Dresden). Die nächste Ausgabe des Azubi-Cup läuft 2025 in den regionalen Wettbewerben und wird auf dem Großseminar 2026 mit den Endausschied zum Titel Deutscher Meister abschließen.
Einen äußerst spannenden Abschluss des 52. VDBUM Großseminares lieferte Prof. Dr. Volker Busch mit seinem Vortrag: „Was zeitlicher oder digitaler Dauerstress in unserem Gehirn auslöst“. Die über 600 Teilnehmer:innen des letzten Galaabends waren begeistert. Die gekonnte Mischung aus wissenschaftlicher Erläuterung und humoristischer Darstellung haben das Publikum mitgerissen. Die beruhigende Botschaft für die Branche lautet: „Stress macht nicht krank“, allerdings mit der Einschränkung, dass stets genügend Ausgleich gefunden werden muss. Nicht nur daran sollten die Führungskräfte der Branche arbeiten, um gesund und voller Freude weiterhin schwungvoll Bauprozesse organisieren zu können. Noch lange nach seinem Vortrag wurden die Worte von Prof. Busch diskutiert und durch die Bank als richtig bezeichnet. Gleichzeitig stand die Frage im Raum: Leben wir sie auch? Die Antwort lautete wie so oft im Laufe des Großseminars: einfach machen!
Tag der Arbeitskreise feiert Premiere
Zum Abschluss des Großseminars fand erstmals der „Tag der Arbeitskreise“ statt. Das Projekt wurde von Dr. Marco Fecke, Mitglied des VDBUM-Vorstands, und Wolfgang Lübberding, Technischer Leiter des VDBUM, in Kooperation mit der TU München umgesetzt. Die TUM war mit Maximilian Schöberl und seinen Kolleg:innen nicht nur während der Vorbereitungen involviert, sondern füllte die Themen, in Abstimmung mit den ehrenamtlichen Fachbeiräten des VDBUM, mit Leben. Die Vielfalt der VDBUM-Baubeteiligten bietet stets Themenüberschneidungen, die gebündelt in Arbeitskreisen münden.
Die Themen im Bereich „Elektrotechnik“ sind der Einsatz von erneuerbaren Energien rund um die Baustelle sowie aktuelle Vorschriften und Verordnungen. Im Bereich „Werkstatt 4.0“ geht es um Service-Management-Software, Wartungsmanagement, Stammdatenmanagement- und –pflege. Instandhaltungs- und Wartungsplan. Im Bereich Baulogistik heißt es „Gemeinsam sind wir stark“. Es geht darum, Bedürfnisse der Maschinentechnik gegenüber Maschinenherstellern und Auftraggebern zu kommunizieren (Erstellung eines Positionspapiers). Hier geht es auch darum, Stolpersteine in der Digitalisierung durch kollegialen
Austausch zu Erfolgsgeschichten werden zu lassen. Im Mittelpunkt stehen ferner die Themen „Daten als Managementinstrument – Bürozeiten durch digitale Assistenz reduzieren ohne den Überblick zu verlieren“, „Telematik, Vermessungsdaten oder KI? – Wo steht die Branche heute und wie sieht der Weg in die Zukunft aus?“ oder auch „Durchgängiger und herstellerunabhängiger Datenaustausch – bereits erreicht?“ Im Bereich „Wasserstoff im Schwerverkehr“ lauten die Themen „Einsatzgebiet Wasserstoff in der Mobilität – Wo macht Wasserstoff Sinn“, „Wasserstoff in Bau- und Arbeitsmaschinen, aktueller Stand“ und Herausforderungen“ sowie „Wasserstoff-Eigenschaften und Sicherheit“.//