Kurbelwelleninstandsetzung eines seltenen Opel Oldtimers aus dem Jahr 1960
Gerade beim Thema Oldtimer denkt man allgemein schnell an besondere Bauformen, seltene Spezialteile oder extravagante Einzelkomponenten. Um diesen „alten Schätzchen“ die richtige Wertschätzung geben zu können, braucht es Experten mit Leidenschaft und Sachverstand. Experten, wie das Team der Graf Motoren in Müllheim.
„Solche Motoren sind für uns Alltag. Wir kennen unsere Kompetenzen sehr gut und wissen genau, wie wir mit den einzelnen Bauteilen umzugehen haben. Schließlich versammeln sich bei uns in der Werkstatt einige Jahrzehnte Wissen und vor allem Leidenschaft! Wir haben es geschafft unsere Betriebsabläufe und Standards durch Struktur und Systeme wie auch eine strenge Qualitätskontrolle und dem ständigen Überdenken unserer Prozesse sicher und effektiv zu gestalten“, verrät uns Marvin Wetzel. So ist es auch wenig verwunderlich, dass auch der Opel Motor seinen Weg bis hierher gefunden hat. Heute ist die Kurbelwellenlagerung an der Reihe. Die Kurbelwelle wird nach Ankunft des Motors in der Werkstatt zunächst durch eine erste Sichtprüfung und anschließend auf Risse mithilfe von neuster Technik begutachtet. Hier entscheidet sich meist schon ob und wie die Welle weiter ihren Weg geht. Anschließend wird sie vermessen und ein Messprotokoll erstellt. Dabei wird der Eingangszustand dokumentiert und die notwendigen Lagerschalen ermittelt. Es ist für den Experten mit seiner langjährigen Erfahrung offensichtlich, dass diese Welle schon einige Umdrehungen hinter sich hat. Die Riefenbildung ist so deutlich, dass es in diesem Fall nicht reichen wird, die Lagerstellen nur zu polieren. Die Welle muss geschliffen werden.
Parallel wird auch der Zylinderblock gereinigt und die Hauptlagergasse vermessen. Es muss sichergestellt sein, dass die Welle sauber und gleichmäßig läuft. Bereits kleine Unrundheiten oder Verschleiß reichen, um innerhalb kürzester Zeit einen erneuten Motorschaden herbeizuführen. Sollte die Prüfung hier Abweichungen ergeben, müsste die komplette Hauptlagergasse bearbeitet werden. Diesmal ist aber alles soweit in Ordnung und eine gründliche Reinigung ausreichend. Anschließend werden die passenden Übermaß-Lagerschalen eingebaut und die Schleifmaße mithilfe der Lagerspiele ermittelt und daraufhin festgelegt. Da die Ersatzteile bei solchen seltenen und historischen Objekten in Kleinserien hergestellt werden und nicht die Präzision einer Großserienfertigung aufweisen, reicht es meist nicht aus, die Lagerzapfen in eine vorgegebene Untermaß-Toleranz zu schleifen und sich auf die Maße blind zu verlassen.
Hier kommt es erneut auf Erfahrung und das nötige Herz für den Job an. Der aufwändige Weg die Lagerschalen einzumessen, zahlt sich aus. Nur so kann gewährleistet werden, dass später der korrekte Öldruck herrscht, das nötige Spiel in den Lagern bei Betriebstemperatur gegeben ist und eine lange Lebensdauer daraus resultiert.
Die Kurbelwelle wird nun auf der Schleifmaschine aufgebaut und muss hier sehr genau ausgerichtet werden. Die beiden Messuhren links und rechts an den jeweiligen Enden sorgen dafür, dass die Welle absolut in der Flucht eingesetzt ist. Nur so kann die im Hintergrund aufgebaute Schleifscheibe (rot) die Lagerstelle auch wirklich parallel zur Welle schleifen und die Pleuel laufen später gerade auf dem Lager. Der Schleifvorgang beginnt. Die Schleifscheibe nimmt jetzt mit hoher Geschwindigkeit langsam und gleichmäßig minimal Material von der Kurbelwelle ab. Es gibt, ermittelt durch die individuelle Vorarbeit der Lagervermessung, ganz genaue Angaben, welchen Durchmesser die Lagerstelle haben soll und darf. Hier ist also sowohl Feingefühl als auch Fachwissen gefragt. Ob alles nach Plan läuft, wird in regelmäßigen Abständen mit Hilfe einer weiteren Feinmessuhr geprüft. Stück für Stück wiederholt sich der Vorgang nun mit allen Lagerstellen.
Nachdem alle Lagerstellen auf Maß geschliffen worden sind, haben sich an den Ölbohrungen Grate gebildet, welche die neuen Lagerschalen massiv beschädigen und so direkt für einen neuen Schaden sorgen würden. Da sich ein hydrodynamischer Schmierkeil bilden muss, soll die Schmierölbohrung die korrekte Geometrie aufweisen. Ein kleines Detail mit einer großen Wirkung! Daher wird jede Ölbohrung noch einmal einzeln nachgeschliffen. Nun kann die Welle wieder frei und sauber im neuen Lager laufen und einen gleichmäßigen Ölfilm aufbauen.
Nachdem alle Schleif und Polierarbeiten, sowie eventuelle Richtarbeiten – diese können sich im Laufe des Bearbeitungsprozesses ergeben – erledigt sind und alle Maße optimal passen, wird die Welle ein letztes Mal gereinigt und wieder für die Montage vorbereitet. Der Block wurde ebenfalls mittlerweile fertig vorbereitet, so dass die Welle jetzt in die neuen Lager eingesetzt werden kann.
Der Kern des Oldtimers nimmt langsam wieder Form an. Schon bald wird der alte Opel mit neuer Kraft auf die Straße zurückkehren.//