Wahrscheinlich ist der VW Bulli das bekannteste und beliebteste Nutzfahrzeug der Welt – auf jeden Fall ist es das am längsten gebaute. In diesem Jahr feiert er seinen 75. Geburtstag – und das lässt die Fans zusammenströmen. Etwa zur großen Bulli-Party in der Autostadt Wolfsburg, zum Midsummer-Bulli-Festival auf Fehmarn oder zum Bulli-Summerfestival in Wesel (4. bis 7. September). Zu diesen und zahlreichen weiteren Veranstaltungen werden viele hundert Bulli aller Baujahre und Typen erwartet. Volkswagen Nutzfahrzeuge bewahrt das Erbe auch mit einer Reihe besonderer Raritäten. Wir stellen zwölf besondere Fahrzeuge vor.
Sofie Das Auto strahlt in der Lackfarbe „Taubenblau“ und sieht so makellos aus, als sei es eben erst vom Band gerollt. Dabei ist „Sofie“ der älteste straßenzugelassene Bulli der Welt. Gebaut wurde der Kastenwagen mit der Fahrgestellnummer 20-1880 am 5. August 1950 in Wolfsburg, wenig später trat er seinen Dienst bei einer Textilfabrik in Hildesheim an, wo er 23 Jahre lang als Lieferwagen genutzt wurde. Danach wechselte er mehrfach die Besitzer, bis er 1992 von einem dänischen Sammler gekauft wurde, der erkannte, welchen Schatz er da erworben hat und das Fahrzeug einer drei Jahre dauernden Vollrestaurierung unterzieht. 2014 schließlich gibt der Bulli-Fan aus Dänemark seine Sofie in die Hände der Sammlung von Volkswagen Nutzfahrzeuge. Dort wird der Wagen nach wie vor regelmäßig bewegt, und der luftgekühlte 4-Zylinder-Boxermotor im Heck mit 25 PS Leistung rasselt munter wie eh und je.
Camping-Bulli Selbstverständlich wurde der VW T1 schon bald nach seinem Debüt 1950 nicht nur als Nutz-, sondern auch als Freizeitfahrzeug eingesetzt. Die Story des hauseigenen VW California jedoch begann erst 1988 auf Basis der bereits 1979 eingeführten Baureihe T3. Volkswagen nutzte die Erfahrungen, die der Campingmobilhersteller Westfalia mit dem Modell „Joker“ auf Bulli-Basis gemacht hatte. Der California, der auf dem Caravan-Salon in Düsseldorf vorgestellt wurde, bot mit Küchenzeile und Rücksitzbank, die zu einer Liegefläche umgeklappt werden konnte bereits das Grundlayout, das noch heute den California prägt. Schon im ersten Jahr wurden rund 5.000 California-Modelle verkauft – und das war erst der Anfang …
Baustellen-Bulli Bereits in den 50er-Jahren gab es den Bulli als Pritschenwagen, der vor allem von Bauunternehmen bevorzugt eingesetzt wurde. 1988 dann setzte Volkswagen dem Bulli-Klassiker mit Doppelkabine – von Kennern Doka genannt – ein Denkmal: Insgesamt sieben Exemplare des Typs T3 Doka Tristar wurden gefertigt, also Pritschenwagen mit Doppelkabine und der Komfortausstattung aus dem Modell Caravelle. Dazu gab es eine zusätzliche Tür für die Fondpassagiere auf der linken Seite. Lackiert waren die Fahrzeuge im eleganten Farbton „Vesuvgrün metallic“ und natürlich trieb der 2,1-Liter-Boxermotor mit 112 PS Leistung alle vier Räder an.
Lego-Bulli Der dänische Spielzeughersteller Lego brachte 2011 ein Bulli-Bauset auf den Markt, das 1334 Klemmbausteine enthielt, aus denen sich ein T1 Campingbus zusammenstecken ließ. 2022 ließ sich davon offenbar ein Lego-Baumeister inspirieren, und baute einen Lego-Bulli in Originalgröße nach. Diesmal jedoch war ein T2 Campingbus das Vorbild. Auf einer originalen Bodengruppe entstand die Karosserie inklusive einer detailreichen und perfekt nachgebildeten Innenausstattung aus rund 400.000 Legosteinen. Die Bauzeit des größten Lego-Bullis der Welt: rund sechs Wochen.

Draisinen-Bulli Kenner nennen diesen Bulli „Klv-20“. Unter diesem Kürzel wurden im Auftrag der Deutschen Bundesbahn 1955 insgesamt 30 VW-T1-Modelle für den Schienenbetrieb umgerüstet, um sie für Inspektions- und Reparaturfahrten einsetzen zu können. Dazu wurde in den Bulli-Karosserien ein VW-Industriemotor mit einer Leistung von 28 PS installiert und zudem eine hydraulische Hebe-Dreh-Vorrichtung, mit der das Fahrzeug um 180 Grad gedreht und damit auf der Schiene die Richtung wechseln konnte und der Fahrer dabei jeweils in Fahrtrichtung saß. Das Exponat aus der VW-Sammlung wurde im Bahnbetriebswerk sowie von der Signalmeisterei im niederbayerischen Plattling bis in die 70er-Jahre eingesetzt.
Rockstar-Bulli Beim ersten Bulli-Treffen auf dem Messegelände in Hannover trat die britische Rockband „The Who“ auf. Deren Gitarrist Pete Townshend fuhr damals privat einen Bulli T2 aus brasilianischer Produktion. Am Rande des Bulli-Treffens aber hatte Townshend auch Gelegenheit, den damals noch ziemlich neuen T5 (Debüt 2003) zu fahren. Und wenig später ergab sich dann folgender Tausch: VW lieferte Townshend einen nagelneuen T5 nach London, während der Rockmusiker seinen hellrosa lackierten T2 mit Aufstelldach und Reserverad am Bug – ein Auto aus Baujahr 2005 und eines der letzten mit luftgekühltem Boxermotor – der Sammlung von Volkswagen Nutzfahrzeuge übergab.

Raupen-Bulli Bei diesem Einzelstück handelt es sich um einen VW T1 aus dem Jahr 1962, der als ganz normaler Bulli an den VW-Mechaniker Kurt Kretzner aus Wien ausgeliefert wurde. Der Mann war, so wird berichtet, ein leidenschaftlicher Skifahrer und baute daher seinen Bulli in eine Art Schneemobil um. So entstand ein Unikat mit vier Achsen: Vorne zwei gelenkte Achsen mit 14-Zoll-Zwillingsreifen, hinten eine doppelte Achse mit Kettenantrieb. Heraus kam der vermutlich geländegängigste Bulli aller Zeiten. Seit 2018 gehört dieser Bulli, der auch den Namen „Raupen-Fuchs“ trägt, zur Sammlung von Volkswagen Nutzfahrzeuge Oldtimer.

Gasturbinen-Bulli Auch dieser Bulli ist ein Unikat, denn er verfügt über einen Gasturbinenantrieb. Dieses Fahrzeug wurde als Reaktion auf die Ölpreiskrise von 1973 entwickelt, als die Suche nach alternativen Antriebskonzepten immer dringlicher erschien. Elektro-, aber auch Gasantriebe galten als mögliche Ersatzkonzepte für Benzin und Diesel. Wegen der geringen Effizienz wurde jedoch der Gasantrieb rasch wieder verworfen und es blieb bei diesem einen Prototyp.
Elektro-Bulli Vielversprechender als Alternative für Benzin und Diesel war der Elektroantrieb. Der Elektro-Transporter auf Basis eines VW T2 entstand 1977 und gehörte zu einer Kleinserie von Pritschenwagen, Kastenwagen und Bussen, die für einen Flottenversuch genutzt wurden. Sieben Elektro-Bulli kaufte die Stadt Berlin. Das Auto war bestückt mit Blei-Akkus, die eine Kapazität von insgesamt 21,6 kWh boten, was eine Reichweite von bis zu 85 Kilometern möglich machte. Die E-Maschine entwickelte eine Dauerleistung von 16 kW (22 PS), was reichte, um das fast 2,2 Tonnen schwere Fahrzeug auf immerhin bis zu 75 km/h zu beschleunigen.
Retro-E-Bulli Die Studie e-Bulli ist ein aufwändig restaurierter T1 Samba-Bus des Baujahres 1966 mit einem nachgerüsteten Elektroantrieb. Im Heck steckt nun eine E-Maschine mit 61 kW (83 PS) Leistung und einem maximalen Drehmoment von 212 Newtonmetern. Als Höchstgeschwindigkeit sind 130 km/h möglich. Die Lithiumionen-Batterie hat eine Speicherkapazität von 45 kWh und sitzt mittig im Fahrzeugboden, die Reichweite beträgt gut 200 Kilometer. Realisiert wurde der Umbau auf Elektroantrieb, der auch für die Bulli-Varianten T2 und T3 angeboten wird, von der Firma eClassics aus Renningen bei Stuttgart.
Designer-Bulli Gut ein halbes Jahrhundert nach dem Debüt des VW T1 auf dem Autosalon in Genf des Jahres 2001 präsentierte Volkswagen eine Studie, die weit in die Zukunft des Bulli weisen sollte. Das Concept Microbus war im VW-Designstudio in Kalifornien entstanden – in den USA wurde der Bulli schon immer auch Microbus genannt und war vor allem in den Siebzigern ein Kultfahrzeug der Hippie-Generation. Die Studie verfügte über drei Sitzreihen und erinnerte in ihren Proportionen und Linien stark an den legendären T1.

Zukunfts-Bulli Im August 2022 stellte Volkswagen die Zukunft des Bulli ins Rampenlicht: in Form des vollelektrischen ID Buzz. Wenig später ging die erste elektrische Bus- und Transporterbaureihe Europas an den Start. Mit bis zu 425 Kilometern Reichweite, Heckantrieb wie beim Ur-Bulli T1 und einem charakteristischen Design, das sowohl Elemente des klassischen T1 als auch des Concept-Cars Microbus widerspiegelt. Mit ihm hat die Zukunft des Bulli begonnen.